Mensch
Gentherapie-Strategien auch gegen Diabetes
Zukunft liegt in der Stammzell-Technologie
Wien - Heilung erwünscht, Hoffnung vorhanden, Warten
erforderlich: Immer wieder gibt es Berichte über Erfolge mit
Gentherapie-Strategien - auch gegen Diabetes. Doch vorerst ist das
ausschließlich der sprichwörtliche Silberstreif am Horizont, stellte
jetzt die Österreichische Diabetes-Gesellschaft in einer Aussendung
aus Anlass ihrer Informationswochen fest.
"Bis die Gentherapie bei Zuckerkranken breit anwendbar wird,
dürften mindestens noch zehn Jahre vergehen. Doch bei anderen
innovativen Behandlungskonzepten ist ein Erfolg schon eher absehbar",
erklärte jetzt der Präsident der Österreichischen
Diabetes-Gesellschaft, der Wiener Experte Univ.-Prof. Dr. Guntram
Schernthaner.Insulin zum Inhalieren
Wunder brauchen einige Zeit, realistischere Fortschritte stehen
aber buchstäblich vor der Tür. Prof. Schernthaner nennt hier zwei
Projekte, die das Leben von Diabetikern erleichtern sollen: ein
Basal-Insulin, das nur mehr ein Mal täglich injiziert werden muss,
und Insulin zum Inhalieren.
"Das 24 Stunden wirksame Langzeitinsulin-Analogon
(Insulin-ähnliches Eiweiß) ist eine echte Innovation. Durch seine so
extrem gleichmäßige Wirkung sinkt auch die Gefahr der Unterzuckerung
("Hypoglykämie" - "Hypo", Anm.)", sagte Schernthaner. Der Trick der
Wissenschafter: Durch den Austausch mancher Bestandteile des
Insulin-Moleküls (Aminosäuren) wurde ein ganz ähnlicher Eiweißstoff
geschaffen, der genau auf die erwünschte Eigenschaft - extrem lange
und gleichmäßige Blutzuckersenkung - abgestimmt ist.
In Entwicklung befindet sich aber auch Insulin zum Inhalieren. Der
Wiener Experte: "Viele Zuckerkranke haben Angst vor dem
Insulin-Spritzen. Typ-2-Diabetiker, die zunächst noch keine
Injektionen brauchen, werden deshalb in manchen Fällen zu spät auf
Insulin umgestellt."
Seit Jahren arbeiten Wissenschaftergruppen auch daran, eventuell
die bei Diabetikern zu Grunde gegangene Insulinproduktion in der
Bauchspeicheldrüse - durch das Absterben der Inselzellen - zu
beheben. Dazu wurden verschiedene Formen der Transplantation von
Inselzellen entwickelt.
Doch auch hier ist die Zeit noch nicht wirklich reif für die
breite Anwendung. Univ.-Prof. Dr. Guntram Schernthaner: "Bei sieben
Typ-1-Diabetikern konnten Wissenschafter bereits durch die
Transplantation einer hohen Anzahl solcher Inselzellen
(durchschnittlich 800.000, Anm.) von Organspendern eine
Normalisierung des Blutzuckers erreichen." Allerdings ist die
zusätzliche notwendige Behandlung der Betroffenen mit Medikamenten
zur Hemmung der Abwehrreaktion noch immer ein gewisses Problem.
Hier könnte die Stammzell-Technologie in Zukunft den Durchbruch
bringen. Der Wiener Fachmann: "Könnte man aus dem Blut oder
Knochenmark von Diabetikern Stammzellen gewinnen und im Labor zu
reifen Inselzellen machen, die Insulin produzieren, wäre das
wahrscheinlich die beste Lösung. Körpereigene Zellen werden ja nicht
vom Immunsystem abgestoßen."
An diesen Techniken wird jedenfalls mit Hochdruck gearbeitet.
Faszinierend, aber erst im Tierversuch: die echte Gentherapie gegen
Diabetes. Dabei sollen genetisch veränderte Zellen Insulin in
Abhängigkeit vom Blutzuckerspiegel produzieren.
Der Traum: Man könnte beispielsweise Leberzellen gentechnisch so
verändern, dass sie die Blutzuckerkonzentration "riechen" und dazu
entsprechend Insulin produzieren bzw. freisetzen. (APA)