"Es ist unmöglich, in Manhattan eine Lösung für die Zukunft Afghanistans zu finden." Lakhdar Brahimi, der Sondergesandte der UNO für Afghanistan, sprach den Satz, als er zur ersten Sondierungsreise in die Kriegsregion aufbrach. Doch bevor er noch dem UN-Sicherheitsrat über seine Reise berichten konnte, hat die Nordallianz Fakten geschaffen. Die erste Runde über die Gestaltung einer Übergangsregierung in Kabul ist nicht im UNO-Gebäude in Manhattan entschieden worden, sondern vor Ort in Afghanistan.

Brahimi, der 68-jährige Jurist und Karrierediplomat, weiß, wovon er spricht: Der Algerier war bereits einmal, 1997, UN-Sondergesandter für Afghanistan. Die Verhandlungen mit den Taliban und den Kriegsherren der Nordallianz waren jedoch so zermürbend, dass Brahimi nach zwei Jahren aufgab. Beide Parteien seien am Frieden nicht interessiert, erklärte Brahimi damals. Kofi Annan, der UN-Generalsekretär, schätzt den eigenwilligen, als "troubleshooter" bekannten Diplomaten und ernannte ihn dieses Jahr erneut zum Sonderbeauftragten.

Brahimi wurde 1934 auf den Hochebenen südlich von Algier geboren. Mit 22 gab er sein Studium am renommierten Politikinstitut in Paris auf, um - inmitten des algerischen Unabhängigkeitskriegs - den FLN, die algerische Befreiungsfront, in Südostasien, einer anderen Bühne des kolonialen Unabhängigkeitskampfs, diplomatisch zu vertreten. Mit 29 war er der erste Botschafter des neuen Algeriens in Kairo, sieben Jahre später wechselte er nach London: Algerien - weltlich, sozialistisch und mit Erdöl gesegnet - galt in den 70er-Jahren als Vorreiter der blockfreien Staaten. Brahimi knüpfte in dieser Zeit sein Netz an Kontakten, das ihm angeblich bis heute noch dienlich ist.

Brahimi wurde in den 80er-Jahren Außenminister, fiel aber bei Präsident Chadli in Ungnade. Wieder folgte der Jurist seinem Hang zur internationalen Bühne, verließ Algerien und übernahm den Posten des stellvertretenden Generalsekretärs der Arabischen Liga. Ein zweites Mal und wieder nur für kurze Zeit kehrte er zurück nach Algier: Brahimi führte zwischen 1991 und 1993 das Außenministerium - es war die Anfangszeit des fundamentalistischen Terrors, in Algerien regierte ein Militärrat.

Seit diesem letzten Auftritt widmete sich Brahimi, verheiratet und Vater dreier Kinder, nur noch Vermittlungsaufgaben der UNO. Seinen Job als Afghanistan-Gesandter teilt er sich mit einem zweiten - früher ernannten - Beauftragten, dem Spanier Francesc Vendrell. Wie die beiden Männer ihre Arbeit aufteilen, ist bisher nicht deutlich geworden - Brahimi zumindest machte sich als Fürsprecher einer besonnenen Rolle der UNO in Afghanistan bekannt. (derstandard,print-ausgabe,14.11.2001)