"Bei uns herrscht Zensur immer", eröffnete der tschechische TV-Journalist Karel Hvizdala die Diskussion über redaktionelle Unabhängigkeit in öffentlich-rechtlichen Medien anlässlich der vom International Press Institute (IPI) und dem Pressedienst der Stadt Wien veranstalteten "Euromedia 2001". Der tschechische Rundfunkrat sei der verlängerte Arm der Parteien, "Staatsferne und Objektivität" wären lediglich Worthülsen. Von politischer Einflussnahme weiß auch Ivan Lipovecz, Chef des ungarischen Wochenblatts Heti Vilaggazdasag (HVG): Öffentlich-rechtlicher Rundfunk sei in Ungarn weder politisch noch wirtschaftlich unabhängig, "Subventionen sind an politische Bedingungen geknüpft." "Politiker sind als Machtmenschen sozialisiert - und so verhalten sie sich auch in den Aufsichtsgremien des Rundfunks", so die Einschätzung von ZDF-Journalist Klaus Peter Siegloch. Hier betonte Heinrich Keller, einer der vier Weisen, die am neuen ORF-Gesetz mitwirkten, die Bedeutung der inneren Unabhängigkeit. Gesetze schafften nur Rahmenbedingungen. Alexander Wrabetz, Kaufmännischer ORF-Direktor, sprach die zunehmende Medienkonzentration an: "Nur der starke öffentlich-rechtliche Rundfunk wird hier ein Gegengewicht sein können." Im Printbereich sieht STANDARD-Chefredakteur Gefried Sperl die journalistische Unabhängigkeit durch politische Entwicklungen (jüngstes Beispiel: Informationssicherungsgesetz) gefährdet. Hans Werner Kilz, Chefredakteur der Süddeutschen, zeigte ein Dilemma auf: Der Journalist brauche und suche Nähe zu Politikern, aber "zu viel Nähe bringt ihn um, weil er nicht mehr frei agieren kann". (jed/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 16.11.2001)