Wien - Für Fluglinien, selbst wenn sie wie Lufthansa eben erst für die ersten neun Monate des Jahres einen operativen Gewinn von 290 Millionen Euro (vier Mrd. S) und einen Zuwachs der Passagierzahlen im gleichen Zeitraum von 7,5 Prozent melden, gibt es derzeit naturgemäß nur ein Thema: "Wir sind sehr stark getrieben durch die momentane Situation", sagt Lufthansa-Vizepräsident Ulrich Wachter und meint damit: den dramatischen Rückgang der Lust am Fliegen seit den Anschlägen vom 11. September.

Das Ausmaß der Umstellung lässt sich daran erkennen, dass die Lufthansa 43 Maschinen ihrer bisher 232 Flieger zählenden Flotte aus dem Verkehr zog. Jetzt parken sie sie Großteils am Frankfurter Flughafen, "als Erinnerung an die eigene Belegschaft, dass wir eine Krise zu bewältigen haben", sagte Wachter. Aber man habe aus der Krise anlässlich des Golfkriegs Anfang der 90er-Jahre gelernt: "Eine schnelle Anpassung ist entscheidend für eine erfolgreiche Krisenbewältigung."

Eine Maßnahme zur Krisenbewältigung, die rund um den Globus praktiziert wird, gehört einstweilen nicht zum Lufthansa-Repertoire: Massenkündigungen. "Das ist ein Lernprozess aus 1993, weil die Leute, die wir jetzt kündigen würden, für unsere künftige Entwicklung wichtig sein werden." Auch ein Gehaltsverzicht sei nicht vorgesehen, abgesehen vom noch nicht umgesetzten zehnprozentigen Verzicht des Managements. "In der Schublade" liege ein Maßnahmenpaket von Kurzarbeit, Aufnahmestopps und Überstundenabbau. In Österreich (95 Mitarbeiter) sei derzeit noch "fast alles im grünen Bereich", der Markt stabil und die Zusammenarbeit mit der AUA positiv. Ost- und Zentraleuropa gehören ebenso wie Asien in der Langstrecke zu den Hoffnungsmärkten der deutschen Airline: Hier gebe es weiterhin Aufholbedarf, der einen Teil der Rückgänge in Europa und im Transatlantikverkehr (30 Prozent) auffangen soll.

Freude am Konkurs von Konkurrenten will die Lufthansa nicht empfinden. Investoren hätten kein großes Vertrauen in die Branche, und das sei über Nacht durch den Kollaps von Swissair noch schlimmer geworden. "Wenn jetzt andere Geld hätten, wären wir alle Übernahmekandidaten."

"Schnäppchen" für unerschrockene Flugreisende bringt die augenblickliche Situation keine, können die Praktiker in den Reisebüros berichten. Billige Angebote "für Flüge zu Christkindlmärkten quer durch Europa" würden der Saison entsprechen, auch die (wenig gebuchten) Billigflüge in die USA, erklärt die Leiterin des Flugverkaufs bei Mondial, Sabine Laurenz - sonst "wird alles teurer". (spu, Der Standard, Printausgabe, 16.11.01)