Kosovska Mitrovica, es regnet. Die Straßen im serbischen Teil der ethnisch geteilten Stadt sind verfallen, das Zentrum ist menschenleer. Schon am frühen Nachmittag wird es dunkel. Nur die Neonlichter auf der Brücke über den Fluss Ibar, die den serbischen Norden vom albanischen Süden der Stadt trennt, sprengen die Finsternis. Die Brücke kann man nur in Begleitung der Kfor und mit Sondergenehmigung überschreiten. Kinder werden mit Detektoren auf Waffen überprüft. Im serbischen Stadtteil direkt an der Brücke befindet sich die Bar "Dolce vita". Die Stimmung dort ist ebenso mies wie das Wetter. "Kein Serbe aus Mitrovica wird sich an diesen schamlosen albanischen Wahlen beteiligen", sagt mürrisch der vierzigjährige Mechaniker Miroslav. Sie seien doch nicht blöd und würden nicht einem albanischen Staat auch noch zur Legitimität verhelfen. "Wie stellen sich die Herrschaften in Belgrad überhaupt diese ,demokratischen' Wahlen im Kosovo vor? Dass die Serben in gepanzerten Transportern zu den Urnen gefahren werden?", flucht er. Während Belgrad mit allen Mitteln versucht, die Kosovo-Serben zu motivieren sich an den Wahlen zu beteiligen, führen die lokalen politischen Kräfte eine Kampagne gegen die Wahlen. Plakate mit der Aufschrift "Nein zu den Wahlen! Nein zum albanischen Staat! Nein zum Terror!" hängen bei den Serben an jeder Ecke. Auf den "ersten Baum" würden die Serben in Mitrovica Premier Zoran Djindjic aufknüpfen, sollte er es wagen, hierher zu kommen. Seit 1999, als die Kfor in den Kosovo einmarschierte, haben rund 220.000 Serben die Provinz verlassen. 126 Flüchtlingen hat die UN-Zivilverwaltung Unmik seit dem die Rückkehr ermöglicht. Während der gleichen Zeit sind 1300 Serben entführt oder getötet worden. Verantwortlich für diesen Zustand seien die Kfor, die Unmik und die neuen Machthaber in Belgrad, meinen die meisten Serben. Für viele ist Slobodan Milosevic immer noch der große serbische Held, der einzige Politiker, der die Serben im Kosovo beschützt hätte. Das heutige Regime in Belgrad habe die Kosovo-Serben für eine Hand voll Dollar verkauft. "Ein Wahlboykott würde politischem Selbstmord gleichen", versucht Nebojsa Covic, Chef des Ausschusses der serbischen Regierung für den Kosovo, zu erklären. Nur im Parlament des Kosovo könnten die Serben für ihre Rechte kämpfen. Erhört wird er nicht. (DER STANDARD Print-Ausgabe, 16.11.2001)