Berlin - Kurz nach der knapp gewonnenen Vertrauensabstimmung im Bundestag hat sich Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) für die Zukunft weiter verschiedene Koalitionsoptionen offen gehalten. Da die SPD nach derzeitigem Stand bei einer Bundestagswahl keine absolute Mehrheit erreichen würde, "ist es gut, dass man mehrere Optionen hat", sagte Schröder am Freitag in der Aufzeichnung der ZDF-Sendung "Was nun, Herr Schröder?" Er betonte, damit wolle er nicht die gegenwärtige rot-grüne Koalition in Frage stellen, die erfolgreich sei und weiterarbeiten solle. Offen blieb, ob er damit wie in Aussagen noch kurz der Abstimmung eine Fortsetzung auch über die Bundestagswahl im kommenden Jahr meinte. Schröder machte deutlich, dass die SPD die Koalition nicht beenden wolle. Er habe daher "keinen Anlass", über ein Bündnis mit der FDP nachzudenken. Wenn Rot-Grün aber "durch wen auch immer und durch was auch immer zum Beispiel durch Wähler nicht mehr geht, dann wird man sich auf eine neue Situation einstellen müssen", sagte Schröder weiter. Sein Hauptziel sei daher, die SPD weiter zu stärken, auch beim Parteitag in der kommenden Woche. Zu Umfragen, die die Grünen nahe der Fünf-Prozent-Hürde sehen, sagte er: "Über die Frage der Stimmenanteile für die Grünen müssen die sich selber Gedanken machen." Der Bundestag hatte Schröder zuvor nur mit hauchdünner Mehrheit aus SPD und Grünen das Vertrauen ausgesprochen und den Weg für einen Militäreinsatz der Bundeswehr im Afghanistan-Krieg frei gemacht. Für Schröder stimmten 336 von 662 Abgeordneten, zwei mehr als die erforderliche Kanzlermehrheit. Damit votierten bis auf vier Grüne alle Parlamentarier der Koalition für Schröder. Dieser hatte die Entscheidung über den Einsatz der Bundeswehr angesichts wachsender Kritik in der Koalition mit der Vertrauensfrage und damit dem Schicksal der Koalition verbunden. Schröder hatte gesagt, das Mandat für die Bundeswehr gelte unabhängig von Parteitagsdebatten, die vor allem vom Parteitag der Grünen Ende kommender Woche in Rostock erwartet werden. Schröder sagte, trotz der knappen Mehrheit werde auch im Ausland und bei den Bündnispartnern verstanden, dass es im Bundestag eine breite Mehrheit für die deutsche Beteiligung am Afghanistan-Krieg gebe. Dem stehe nicht entgegen, dass die Opposition gegen die Vertrauensfrage und damit gegen das Bundeswehr-Mandat gestimmt hatte. Es sei im Ausland klar, dass die Opposition in der Sache den Einsatz unterstütze und nur wegen der Verbindung mit der Vertrauensfrage dagegen gestimmt habe. Erste Soldaten nicht vor Dezember Im Kampf gegen den internationalen Terrorismus werden die ersten Bundeswehrsoldaten voraussichtlich nicht vor Dezember im Einsatz sein. Deutschlands Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) sagte am Freitag in der ARD-Sendung "Brennpunkt" (20.15 Uhr), er gehe nicht davon aus, "dass die ersten in diesem Monat noch eingesetzt werden". Der Bundestag hatte zuvor der Bereitstellung von 3900 Soldaten zugestimmt. Schröder hatte die Abstimmung darüber mit der Vertrauensfrage verbunden. Der Bundeskanzler räumte ein, den Widerstand gegen die mögliche Entsendung deutscher Truppen nach Afghanistan in seiner Partei und bei den Grünen unterschätzt zu haben. Auf eine entsprechende Frage sagte Schröder: "Ich habe es vielleicht eine gewisse Zeit eher unterschätzt, und ich denke, dass man es ernst nehmen muss." Dann sei es aber Zeit geworden zu erklären, dass die Handlungsfähigkeit einer Regierung "vom Ernst und von der Disziplin" der sie tragenden Mehrheit abhänge. (APA/Reuters)