International
Kandahar: Berichte über Tailban-Rückzug
USA mißtrauen Abzugs-Meldungen
Washington/Nikosia - Die afghanischen Taliban und das mit ihnen verbündete Terrornetzwerk El Kaida haben am Freitag nach Medienberichten weitere Rückschläge hinnehmen müssen. Die Taliban begannen demnach mit dem Abzug aus ihrer Hochburg Kandahar in Süd- Afghanistan. Die US-Regierung bezeichnete Berichte über den Tod des Stellvertreters von Osama bin Laden, Mohammed Atef, bei einem US-Luftangriff als glaubwürdig. Nach der Landung britischer Elitetruppen in Afghanistan kündigte auch Frankreich eine Verstärkung seines militärischen Engagements an. Rückzug
Der arabische Nachrichtensender Al Jazeera meldete am Abend, der Taliban-Führer Mullah Mohammed Omar habe Kandahar verlassen. Die Führung der Stadt habe er zwei gemäßigten örtlichen paschtunischen Stammesführern übergeben. Die Milizen seien dabei, sich in die Berge in der Umgebung Kandahars zurückzuziehen.
Die USA bezweifelten noch, das die Berichte über den Rückzug aus Kandahar zutreffen. "Ich glaube das nicht", sagte Admiral John Stufflebeem in Washington. Stufflebeem verwies auf US-Erkenntnisse, die auf anhaltende Kämpfe in der Region hindeuteten.
Tod von "Vize" Atef
Das US-Verteidigungsministerium bezeichnete dagegen Berichte über den Tod des Bin-Laden-"Vize" Atef bei einem US-Luftangriff als glaubwürdig. Die Berichte beruhten auf Gesprächen, die der US- Geheimdienst nach der Militäraktion abgehört habe, teilte Admiral John Stufflebeem vom Pentagon mit. Wie zuvor Verteidigungsminister Donald Rumsfeld betonte Stufflebeem zugleich, dass er diese Informationen bisher nicht bestätigen könne. Die Quelle sei aber glaubwürdig.
Wenn Atef tatsächlich ums Leben gekommen sei, dann hätte das nach Auffassung des Admirals Auswirkungen auf Bin Laden und die Terrororganisation El Kaida. Der Terroristenchef könnte sich dann selbst "auch viel weniger sicher fühlen". Auch der ägyptische Anwalt Montaser el Sijat, der zahlreiche Islamisten vor Gericht verteidigt hat, sagte im Gespräch mit Al Jazeera, der Tod von Atef wäre "zweifellos ein schwerer Rückschlag" und "gewaltiger Verlust" für El Kaida.
Pentagon: "Versehentlich Moschee getroffen"
Das Pentagon räumte unterdessen ein, dass eine Bombe versehentlich eine Moschee in Afghanistan getroffen habe. Das Gebäude sei beschädigt, aber offenbar niemand getötet worden, berichtete CNN. Der Zwischenfall ereignete sich zu Beginn des moslemischen Fastenmonats Ramadan. Zuvor hatte die afghanische Nachrichtenagentur AIP gemeldet, bei Luftangriffen auf Kandahar sei außer einem Gebäude des Innenministeriums auch eine Moschee komplett zerstört worden. Seit Donnerstagabend seien in Kandahar mindestens 11 Zivilisten getötet und 24 verletzt worden.
Der französische Präsident Jacques Chirac kündigte die Entsendung von Kampfflugzeugen nach Afghanistan an. Die Militäraktion gegen die Terrororganisation El Kaida müsse fortgesetzt werden, "bis das Zentrum des Terroristennetzes und speziell Osama bin Laden ausgeschaltet ist", sagte Chirac. Zum nordafghanischen Flughafen von Mazar-i-Sharif werde eine "humanitäre Luftbrücke" mit Beteiligung französischer Flugzeuge eingerichtet.
Elitesoldaten
Die ersten etwa 60 französischen Elite-Soldaten starteten am Freitag nach Afghanistan. Sie sollen im Rahmen einer internationalen Aktion einen humanitären Hilfseinsatz vorbereiten und absichern. Am Kampf gegen den Terrorismus beteiligten sich derzeit 2.000 Franzosen, sagte Chirac.
Erste britische Elite-Einheiten sind bereits am Flugplatz Bagram nördlich von Kabul stationiert. Schon am Wochenende sollen möglicherweise weitere britische Truppen folgen. Nach Angaben Londons halten sich in Großbritannien "Tausende von Soldaten" bereit, die binnen 48 Stunden in Afghanistan eingesetzt werden können. (APA/dpa)