Belgrad - Die Parlamentswahlen in der südserbischen Provinz Kosovo sind am Samstag vorerst ohne größere Zwischenfälle vonstatten gegangen. Die OSZE (Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa) sprach von einem weitgehend ungestörten Verlauf. Allerdings zeichnete sich eine äußerst niedrige Beteiligung der serbischen Minderheit ab. Insgesamt gab bis Mittag rund ein Viertel der 1,25 Millionen Wahlberechtigten ihre Stimme ab. Frischenschlager: "Massiver Boykott der Serben" "Ich habe gehört, dass in Nord-Mitrovica bis zum späten Vormittag ganze zehn Leute wählen waren", berichtete der frühere Parteichef des Liberalen Forums (LIF), Friedhelm Frischenschlager, der als "Head of Political Party Development Division" der OSZE im Kosovo engagiert ist, "das deutet auf einen massiven Boykott der Serben hin". An sich sei die Lage bis zum Nachmittag aber eher ruhig geblieben, bestätigte auch der Kommandant des österreichischen Gendarmerie-Kontingents im Kosovo, Arnold Holzmann. Erste Ergebnisse wird die OSZE erst Montag Nachmittag veröffentlichen. Die führenden Politiker der Kosovo-Albaner bekräftigten ihre Forderung nach Unabhängigkeit von Jugoslawien. Der OSZE-Missionschef im Kosovo, Daan Everts, zeigte sich mit der Wahlbeteiligung "im Großen und Ganzen zufrieden". Weniger zufriedenstellend sei die Situation in den serbischen Bezirken im Norden der Stadt. Everts kritisierte die dort im Einsatz befindlichen serbischen Polizeieinheiten, die "eine undemokratische Art" an den Tag legten. Die Situation in der Stadt war ruhig, Beobachter rechneten nicht mit Demonstrationen. Bei einer Explosion, die kurz nach Mitternacht in der Stadt im Norden des Kosovo zu hören war, gab es nach UNMIK-Angaben weder Verletzte noch Sachschaden. Der Hintergrund blieb zunächst unbekannt. In einigen der 1670 Wahllokalen kam es zu kleineren Verstößen gegen die Wahlregeln, weil die örtlichen Vorstände albanische Nationalflaggen zur Schau stellten. Über einen weitgehend reibungslosen Wahlverlauf wurde auch aus Serbien berichtet, wo am Samstag in Regionen mit einem hohen Anteil an Kosovo-Flüchtlingen 177 Wahllokale geöffnet waren. Rund 8.000 Flüchtlinge konnten in Montenegro ihre Stimme abgeben. Die Wahl der 120 Abgeordneten - 20 Mandate sind für die serbische und andere Minderheiten reserviert - soll die Grundlage für eine parlamentarische Demokratie mit eigener Regierung und einem Präsidenten legen. Dies ist Voraussetzung für die in der UNO-Resolution 1244 vorgesehene Selbstverwaltung des Kosovo innerhalb Jugoslawiens. Serben könnten auf bis zu 17 Mandate kommen Insgesamt dürfte die Wahlbeteiligung der Serben letztlich bei rund 30 Prozent gelegen sein, vermutete Frischenschlager. "Viele sind offenbar erst am Nachmittag wählen gegangen," so der frühere Chef des Liberalen Forums. Die Wahlstationen in Serbien und Montenegro eingerechnet, gingen den Schätzungen zufolge rund 70.000 Serben zur Wahl. Da zehn Sitze im 120 Mandate umfassenden Abgeordnetenhaus automatisch für die serbische Minderheit reserviert sind, könnte das Wahlbündnis "Povratak" demnach auf bis zu 17 Sitze kommen. Offiziell verlief der Wahltag ruhig, wobei Frischenschlager aber seine Bedenken hatte. "Ich habe aber das Gefühl, dass viel beschwichtigt wird", schränkte er ein. So habe es in Mitrovica einen Zwischenfall gegeben, weil radikale Serben ("Das waren die so genannten Brückenwächter") den Zugang zu einem Wahlllokal derart "provokativ kontrollierten", dass eine freie Stimmabgabe praktisch unmöglich wurde. Frischenschlager: "Das war schon nahe an der Einschüchterung". Auch in Prizren sei es zu "größeren" Zwischenfällen gekommen, berichtete Frischenschlager. "Da wurden 20 Serben aus einer Enklave zu einem Wahllokal gebracht, aber die örtliche Kommission hat nicht zugelassen, dass sie auch abstimmen durften." Diese und andere Vorfälle seien ein Beweis, dass die ethnischen Probleme im Kosovo noch lange nicht gelöst seien, meinte der frühere Verteidigungsminister: "Es fehlt jeglicher Konsens, der Riss in der Gesellschaft ist tief. Vielleicht ist das gemeinsame Parlament, in dem auch Serben vertreten sein, die Chance für einen Anfang, mehr aber nicht. (APA)