Wien/Linz - Der zuletzt wegen Auftragsschwierigkeiten im Metallurgiebereich arg gebeutelte VA-Tech-Konzern durchlebt auch in seiner Wassersparte (VA Tech Hydro) derzeit ein Wechselbad der Gefühle: Ein Großauftrag aus der Türkei kommt herein, ein zweiter steht vor dem Aus. Ein neuer Riesenauftrag über 4,5 Mrd. S (330 Mio. €) zur Errichtung eines 770-Megawatt-Gas-Kombikraftwerkes in der Nähe der türkischen Hauptstadt Ankara wird von der Börsenwelt gebührlich gefeiert. Der zuletzt unter massivem Druck gestandene VA- Tech-Aktienkurs legte am Montag um mehr als zehn Prozent zu. Allein in der Vorwoche hatten VA Tech 13 Prozent an Wert verloren, nachdem bekannt geworden war, dass der Verkauf eines VA-Tech-Aktienpaketes von knapp unter 20 Prozent an den austroamerikanischen Milliardär Gerhard Andlinger gescheitert ist. Probleme in Anatolien Ein zweites gigantisches und seit Jahren extrem umstrittenes Staudammprojekt, der "Ilisu-Damm" im Herzen des Kurdengebietes Südostanatoliens, droht endgültig zu scheitern. In der Vorwoche sind die Konsortialpartner Balfour Beatty aus Großbritannien und Impreglio (Italien) aus dem Projekt wegen "kommerzieller, ökologischer und sozialer" Bedenken ausgestiegen. Im Ilisu-Projekt, wo der zweitgrößte Staudamm der Türkei mit einer Leistung von 1200 Megawatt bis 2007 gebaut werden soll, sind nur noch die VA Tech und die französische Alsthom-Gruppe verblieben. Der schwedische Skanska-Konzern hatte sich schon Ende 2000 zurückgezogen. Zum Vergleich: Das Kraftwerk Kaprun bringt es nur auf 330 Megawatt. Weltbank lehnte ab Das Gesamtauftragsvolumen für Ilisu beläuft sich auf 22,5 Mrd. S. Die Oesterreichische Kontrollbank unter Rudolf Scholten hat über Exportgarantien einen Teil der Risiken für die VA Tech übernommen, obwohl selbst die Weltbank eine Finanzierung abgelehnt hatte. Die Kontrollbank gibt dazu "keinen Kommentar" ab. VA-Tech-Vorstand Georg Antesberger sagte zum Standard: "Das ganze Projekt liegt derzeit auf Eis. Letztlich liegt es nun an der türkischen Regierung, das Projekt voranzubringen." Umweltschutzgruppen, allen voran der WWF, die gegen das gesamte Südostanatolien- Projekt Ankaras mit insgesamt 22 Dämmen an Euphrat und Tigris Sturm laufen, feiern die Ilisu-Zores der VA Tech als Erfolg. WWF-Sprecherin Corinna Milborn: "Ilisu wäre eine ökologische Katastrophe ersten Ranges." Außerdem müssten 30.000 Kurden umgesiedelt werden, und es drohten kriegerische Auseinandersetzungen zwischen der Türkei, Syrien und dem Irak um die Wasserversorgung. Auch seien archäologische Schätze in vor Überflutung bedrohten Städten am Tigris gefährdet. (Michael Bachner, DER STANDARD, Printausgabe 20.11.2001)