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Estag vermutet hinter Kapfenberg-Deal der Kelag politische Motive
Vorstand zu Kelag/RWE-Einstieg bei den Stadtwerken: "Es ist nicht fair zugegangen"
Graz - Nach dem 35-Prozent-Einstieg der Kärntner Kelag bei den obersteirischen Stadtwerken Kapfenberg ist bei der Energie Steiermark Holding AG (Estag) Alarm angesagt: Der Estag-Vorstand sagte am Montag zur Tatsache, dass die Kelag die Estag-Tochter Steweag ausgebootet hatte, "in Kapfenberg ist es nicht fair zugegangen". In der Dimension selbst - bei den Stadtwerken geht es um einen Größenumfang von 90 GWh - bedeutet dieser Deal für den Estag-Konzern zwar keinen großen Schaden, das nächste strategische Match steht allerdings unmittelbar bevor: Bei der Privatisierung der Grazer Stadtwerke (geschätzter Erlös 6 Mrd. S) trifft der steirische Konzern wieder auf die deutsche RWE, die zu rund einem Drittel an der Kelag beteiligt ist.
Die Fassungslosigkeit darüber, dass die Kelag und nicht die Steweag in Kapfenberg zum Zug gekommen ist, war am Montag dem Estag-Vorstand noch immer anzumerken: Die Entscheidung des Kapfenberger Gemeinderats, der Kelag um 217 Mill. S (15,77 Mill. Euro) den Zuschlag zu erteilen, sei "völlig unverständlich", formulierte Estag-Vorstandssprecher Adolf Fehringer.
Klagsweg wird geprüft
Er listete auf, dass die Steweag nicht nur beim Kaufpreis um 10 Mill. S mehr geboten habe, sondern auch noch eine Erhöhung des Stammkapitals von 35 Mill. S, einen 5 Mill.-S-Zuschuss für lokale Umweltprojekte sowie ein ganzes Paket an Folgelösungen angeboten habe. Dazu gehörte die Übernahme der Akquisitionstätigkeit im Wärmemarkt in der Obersteiermark durch die Kapfenberger Stadtwerke, die Betreuung von Contracting-Projekten sowie Partnerschaft bei Abfallprojekten und im Forschungsbereich.
Wie bereits Steweag-Vorstand Oswin Kois zuvor bezeichnete am Montag auch der Estag-Vorstand die Ankündigung der Kelag, den Absatz der Stadtwerke Kapfenberg von derzeit 90 GWh auf zukünftig 1.100 GWh pushen zu wollen, als "absolut unrealistisch". Fehringer versuchte dies mit Vergleichen zu untermauern: Diese Menge entspreche etwa einem Drittel der Produktion aller Steweag-Kraftwerke oder dem Jahresabsatz der STEG mit ihren Industrie-, Gewerbe- und insgesamt 110.000 Haushaltskunden. Um 1.100 GWh verkaufen zu können, müssten die Kapfenberger Stadtwerke nicht weniger als 275.000 Kunden - 45 Prozent des Marktanteils in der Steiermark - gewinnen. Der Schluss, den das Estag-Management zog: "Die Kriterien, nach denen letztlich entschieden wurden, sind nicht ausschreibungskonform". "Hier wurden politische Rechnungen abgeglichen", formulierte Fehringer.
Gleichzeitig gab es schwere Vorwürfe gegenüber dem PriceWaterhouse-Gutachten: "Zu hinterfragen ist die Objektivität des Gutachtens", so der Vorstand wörtlich, "es müssen andere Gründe in die Bewertung eingegangen sein". Den Anfang der 90er Jahre getroffenen Vertrag über ein Vorkaufsrecht gibt es laut Fehringer tatsächlich, "der existiert". Die Steweag prüft nun, "ob es Sinn macht, den Klagsweg zu beschreiten". (APA)