Standard: Wiens Bürgermeister Michael Häupl hat in einem Standard-Interview eine Verjüngung des SPÖ-Klubs vorgeschlagen. Und dabei auch Sie angesprochen. Suchen Sie sich schon einen Nachfolger? Edlinger: Mir geht es nicht primär um eine Verjüngung, sondern um eine Verbreiterung der Qualität. Ich habe nichts von einem 30-Jährigen, der es nicht kann, da ist mir ein 50-Jähriger, der es kann, lieber. Ich glaube, das bringt auch der Bürgermeister zum Ausdruck. Mein schönster Augenblick wäre, wenn ich zu mir selbst sagen könnte, so, jetzt kannst eigentlich daheim bleiben. Standard: Aber davon kann noch keine Rede sein, oder? Edlinger: Es wird darauf ankommen, wie die Kandidatenliste für die nächsten Wahlen ausschaut. Auf der Kandidatenliste von der letzten Wahl befinden sich solche Persönlichkeiten, wie ich glaube, kaum. Denn diese Liste ist ja auch unter einem anderen Aspekt erstellt worden. Und zwar unter dem Aspekt einer Regierungspartei. Da braucht man unter Umständen zur Ergänzung und zur Unterstützung der Arbeit der Bundesregierung eine etwas andere Mannschaft. Ich glaube, dass jetzt - und das passiert schon - ausgelotet wird, wer ist überhaupt in der Lage, bereit und würde auch das Vertrauen der Basis finden, wenn man ihn oder sie auf die Nationalratsliste stellt. Standard: Gibt es genügend solcher Leute? Edlinger: Es gibt solche Leute. Wenn Sie mich jetzt fragen, wer, werde ich sie Ihnen nicht sagen, weil ich fürchte, dass ich solchen Leuten unter Umständen schade. Sie dürfen ja eines nicht vergessen: Das Mobbing der Bundesregierung gegen alles, was nicht nach Blau-Schwarz riecht, ist enorm. Ich kann Ihnen nur eines sagen, ich kenne bereits einige solcher Persönlichkeiten, die es ernsthaft überlegen. Das ist wichtig, weil es ja sein kann, dass der Regierung einfällt, innerhalb ein paar Wochen zu wählen. Dann erst mit Leuten zu reden wäre zu spät. Standard: Sie selbst scheinen sich auf die Oppositionsrolle ganz gut eingestellt zu haben. Edlinger: Ich bin gerne Politiker, das gebe ich schon zu. Mich haben zwei Dinge motiviert. Das Erste ist für mich eigentlich das Wichtigere: Ich habe das Gefühl gehabt, die Leute, die an meine Partei glauben, wollen, dass ich da noch mithelfe. Das Zweite ist, dass ich es als ekelhaft empfunden habe, in welcher wirklich menschlich und charakterlich miesen Art vor allem die ÖVP ihre Argumentation auf mich abgeladen hat. Beides hat mich wirklich kampfesfreudig gemacht. In erster Linie ist es die Freude an der Politik, dann kommt sicher auch noch ein bestimmtes Maß an Routine dazu. Ich habe ja keine Ambitionen mehr. Meine persönliche Ambition ist die, dass ich gerne mithelfen würde, dass diese Regierung bald verkommt. Standard: Haben sich die anderen in Ihrer Fraktion auch schon umgestellt, oder gibt es noch einige, die sich in der Oppositionsrolle schwer tun? Edlinger: Ich gehe einmal davon aus, dass jeder, der ein Mandat hat, nach bestem Wissen und Gewissen versucht, seine Aufgaben zu erledigen. Bei einem gelingt es besser, beim anderen weniger. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 21.11.2001)