Unternehmen
EU: Rekordstrafe gegen "Vitaminkartell"
Acht Unternehmen, darunter BASF und Hoffmann-La Roche, müssen zwölf Milliarden Schilling zahlen
Brüssel - Die Europäische Kommission hat am Mittwoch
Geldstrafen in der Rekordhöhe von insgesamt 855,22 Mill. Euro (11,77
Mrd. S) gegen acht Vitaminhersteller wegen illegaler Preis- und
Marktabsprachen verhängt. Größte "Sünder" sind der Schweizer
Chemiekonzern Hoffmann-La Roche und der deutsche Konzern BASF, die
jeweils 462 Mill. Euro bzw. 296,16 Mill. Euro Strafe an die EU zahlen
müssen.
Wie die EU-Kommission weiter mitteilte, haben die acht Unternehmen
versucht, zwischen September 1989 und Februar 1999 den Wettbewerb bei
einer großen Anzahl von Vitaminen auszuschalten. Dabei handelt es
sich insbesondere um die Vitamine A, E, B1, B2, Biotin (H), Folsäure
(M), Betacarotin und Carotinoide.
Eine herausragende Rolle hätten die beiden weltgrößten
Vitaminhersteller Roche und BASF bei praktisch allen Absprachen
gespielt. Andere Anbieter, darunter auch die japanische Takeda
Chemical Industries, seien nur an einzelnen Vitaminkartellen
beteiligt gewesen.
"Schlimmste Kartelle, gegen die Brüssel jemals ermittelt hat"
EU-Wettbewerbskommissar Mario Monti bezeichnete die Absprachen,
die "schlimmsten Kartelle, gegen die Brüssel jemals ermittelt hat".
Es habe sich um ein breites Spektrum an Vitaminen gehandelt, die in
einer Vielzahl von Produkten - von Getreideflockengerichten, Keksen
und Getränken über Tierfuttermitteln bis hin zu Medikamenten und
Kosmetika gehandelt. Durch die geheimen Absprachen hätten die
Hersteller zu Lasten der Konsumenten und zum eigenen illegalen Profit
höhere Preise verlangen können als bei einem echten Wettbewerb.
Als besonders schwerwiegend werteten die Brüsseler
Wettbewerbshüter den Umstand, dass die Absprachen Substanzen
betrafen, die wesentliche Bestandteile der Ernährung sind und damit
unabdingbar für ein normales Wachstum und ein gesundes Leben.
Außer den beiden Marktführern Roche und BASF wurden auch
Geldstrafen gegen die französische Aventis, die niederländische
Solvay, die deutsche Merck, Takeda sowie zwei andere japanische
Unternehmen verhängt. Weitere fünf Hersteller, darunter die deutsche
Lonza und vier japanische Firmen blieben ungeschoren, da sie ihre
Teilnahme an den wettbewerbswidrigen Absprachen fünf Jahre vor Beginn
der Kommissionsermittlungen oder noch früher eingestellt hatten.
Österreichische Unternehmen waren nicht an dem Vitaminkartell
beteiligt.
Illegale Absprachen
Im einzelnen lastet die EU-Kommission den Chemieunternehmen an,
sich untereinander den Markt für Vitaminprodukte aufgeteilt und
Preise festgelegt zu haben. Auch die Preissteigerungen seien
vereinbart gewesen. Außerdem richteten die Konzerne einen Mechanismus
ein, um die Einhaltung ihrer illegalen Absprachen zu überwachen und
zu sichern. Sie kamen regelmäßig zusammen, um die Umsetzung ihrer
Pläne zu besprechen. Bei den regelmäßigen vierteljährlichen oder
monatlichen Zusammenkünften wurden Informationen über Umsätze,
Absatzmengen und Preise ausgetauscht.
BASF: Bußgeld ist "unangemessen hoch"
Die BASF hat das von der EU
verhängte Bußgeld als
"unangemessen hoch" kritisiert. "Wir haben diese Höhe nicht
erwartet", sagte BASF-Sprecher Hartmut Unger am Mittwoch in
Ludwigshafen. Nach dem ersten Bußgeldfall in den USA habe die BASF
Maßnahmen ergriffen, um künftige Kartellabsprachen zu verhindern.
Zudem habe das Unternehmen mit den EU-Kartellbehörden kooperiert. Vor
diesem Hintergrund fühle man sich "ungerecht behandelt".
Nach Ungers Darstellung hatte die BASF wegen des Bußgeldes
Rückstellungen gebildet. Diese seien jedoch nicht so hoch wie die zu
zahlende Summe. Die BASF werde das Urteil der EU nun genau prüfen und
behalte sich eine Klage dagegen vor. "Wenn wir klagen sollten, kann
das Einfluss auf die Höhe haben." Zur Höhe der Rückstellungen wollte
Unger keine Angaben machen. (APA)