Anfang 1995 löste sich die Wiener Death-Metal-Band Pungent Stench nach über zehnjährigem Bestehen auf. Nun reformierte sich diese national wie international erfolgreichste Metal-Formation Österreichs und veröffentlicht dieser Tage beim renommierten Nuclear Blast -Label ihr neues Album: Masters Of Moral - Servants Of Sin . Alexander Wank, 33, ist Schlagzeuger und Sprecher der Band und betreibt in Wien den einschlägigen Plattenlanden Totem. Ist Metal nicht eine schrecklich konservative Musik? Alex Wank : "Immer gewesen. Es ist wirklich schlimm. Wenn man für manche Leute etwas "falsch" macht, hören sie sofort auf, einen zu hören, sind vor den Kopf gestoßen und wenden sich von einem ab. Das ist extrem. Das Konservative hat aber auch seine netten Seiten: Wenn ein Konzert für acht Uhr angesetzt ist, sind um Punkt acht alle im Saal. Die Fans zahlen brav ihren Eintritt, bleiben bis zum Schluss drinnen und gehen dann friedlich nach Hause." Metal erscheint als sehr hermetisches Genre. Welche Einflüsse kommen von "draußen"? Wank : "Es gibt einen sehr großen Gothic-Einfluss. Den finde ich persönlich fürchterlich: all diese Keyboard-Gothic-Metal-Partien mit komischen Frauenstimmen. Die pack' ich überhaupt nicht. So etwas entsteht, weil viele Bands Neues versuchen und dabei Dinge vermischen, die nicht zusammenpassen. Da kommen dann wirklich widerliche Zwitter raus. Ich halte von Keyboards im Metal nichts. Das klingt lächerlich und kitschig. Eigentlich muss ich lachen, wenn ich das höre." Gibt es im Metal überhaupt noch formale Unterschiede, oder handelt es sich bei den Unterscheidungen längst um reine Haarspalterei? Wank : "Es gibt große Unterschiede. Die wichtigsten Genres sind Black-Metal, Death-Metal, Power-Metal, Gothic- und Speed-Metal. Dazu eben Hardrock, der etwas seichter ist. Grind ist eher hardcore-lastig, eben grindig, kurz, schnell und nicht selten politisch. Pungent Stench spielt klassischen Death-Metal." Der Konservativismus im Metal bedingt eine gewisse Treue, und Treue in ihrer krassesten Ausprägung mündete in Zustände wie in Norwegen, wo Metal als Ersatzreligion behandelt, Kirchen abgefackelt wurden und sich rivalisierende Banden gegenseitig die Köpfe einschlugen. Wank : "Mein Gott, das ist einmal passiert. Man darf das nicht überbewerten. Natürlich waren diese Aktionen nicht okay, aber es handelte sich in der Mehrzahl um dumme Kids, folglich um Kindereien. Der Mythos entstand erst durch das Aufbauschen der Sache in den Medien. Schwachsinnig finde ich, dass Leute sich erst wegen diesem fragwürdigen Mythos für die Musik zu interessieren anfingen und nur deshalb die Platten kauften." Pungent Stench erreichten als Independent-Band Plattenabsatzzahlen jenseits der 100.000er-Marke. Und das ohne größere öffentliche Wahrnehmung. Wank : "Metal ist ein eigenes Universum, in dem sich vieles abspielt, was man als Außenstehender kaum mitbekommt. Teilweise passiert zu viel, was sich in einer Flut schlechter Veröffentlichungen und Bands niederschlägt. Aber es stimmt: Metal wird medial traditionell stiefmütterlich behandelt, weil er dieses Prolo-Image hat. Wir als Pungent Stench erfreuten uns zu Beginn unserer Karriere als Österreicher eines gewissen Exotenbonus. Aber so etwas gibt es nicht mehr. Heute müsste eine Metal-Band schon aus - ich weiß nicht - dem Iran kommen, um diesen noch für sich reklamieren zu können." Metal thematisiert gerne den Tod, den Himmelvater, den Teufel und Ähnliches. Muss man für Metal religiös sein? Wank : "Ich bin überzeugt davon, dass viele, die Metal hören, religiös sind, ohne es unbedingt selber zu wissen. Aber warum stellt jemand sonst ein Kreuz auf den Kopf, wenn es keine Bedeutung für ihn hat? Warum sollte man sich sonst überhaupt mit all dem befassen? Andererseits: Ausreichend konservativ wäre dieser Religionsunterricht ja auch schon wieder. Es passt also schon wieder ins Bild." Was bietet Metal dem romantischen Menschen? Gibt es Romantik im Metal? Wank : "Absolut, aber sie taucht meistens in der Gothic-Metal-Abteilung auf und arbeitet mit - no na! - melancholischen Melodien. Die kitschig-bombastischen Keyboards sind da nicht mehr weit. Mir ist das zu aufgeblasen. Aber man kann im Metal vieles finden. Sogar Romantik." Was halten Sie von Crossover-Acts wie Marilyn Manson, Nine Inch Nails oder Ministry, die sich stark bei Metal bedienen? Wank : "Das sind alles sehr gut produzierte, heavy gespielte und gut durchdachte Bands. Ich höre sie mir zwar nicht zu Hause an, dafür erscheinen sie mir zu langweilig. Aber ich finde es okay, dass solche Leute Erfolg haben, die vom Sound her hart und extrem sind. Mir ist das auf alle Fälle lieber als der Kommerz-Dreck, der sonst so auf einen herunterprasselt." Was hört man als Schlagzeuger von Pungent Stench daheim für Musik? Wank : "Eher ältere Sachen aus den 70er-und 80er-Jahren. Dazu viel elektronische Musik. Zeug vom Warp -Label, deren Katalog ich in meinem Laden führe. Dazu alten, also richtigen Industrial. Und ich sammle Ennio-Morricone-Platten und alte italienische Soundtracks." Was ist mit Kruder und Dorfmeister? Wank : "Na ja, ich verfolge das nicht sehr: Remixe ohne Ende halt. Was ich kenne, ist mir zu belanglos. Aber immerhin haben sie sich einen Namen gemacht." derStandard/rondo/23/11/01