Wien - Good und bad news für Wirtschafts- und Arbeitsminister Martin Bartenstein: Wie dem STANDARD auf Anfrage bestätigt wird, hat er das Rennen um die Rücklagen des Arbeitsmarktservice (AMS) gegen Finanzminister Karl-Heinz Grasser gewonnen. Demnach lässt Grasser nun bis auf weiteres die Finger vom AMS-Notgroschen in Höhe von 1,5 Mrd. S, die er eigentlich für die Defizitabdeckung ausräumen wollte. Andererseits lässt die Arbeiterkammer (AK) in einem noch bedeckt gehaltenen Positionspapier kein gutes Haar an seinen Reformplänen für neue Zumutbarkeitsregeln, die heute, Freitag, auf Expertenebene debattiert werden sollen. Anstelle der von Bartenstein geplanten "Aufweichung des Qualifizierungsschutzes Arbeitsloser", so die Kritiker, fordert die AK sogar künftig "einen Rechtsanspruch auf Weiterbildung" ein. Wie der Standard bereits Anfang Juli dieses Jahres berichtete, will Bartenstein Arbeitslosen künftig eine Verschlechterung ihrer Qualifikation von ein bis zwei Stufen zumuten, wenn sie keine Aussicht auf einen baldigen Job haben. Soll heißen: Ein arbeitsloser Schlosser soll künftig etwa auch als Anlernarbeiter im Metallbereich, ein Volljurist etwa als Sachbearbeiter - mit entsprechender Lohneinbuße - vermittelt werden können. Dies galt bisher nur für Notstandshilfebezieher. Berufsschutz Eine Ausweitung dieser Vorgaben auf Arbeitslosenbezieher wollen Kritikern, wie der Sozialsprecher der Grünen, Karl Öllinger, genauso wenig akzeptieren wie etwa AK-Experte Gernot Mitter. Im Gegenteil: Die AK besteht auf einem Berufsschutz Arbeitsloser. Dieser würde auf zwei Säulen ruhen: Zum einen auf dem "Einkommensschutz beim Nettolohn", zum anderen auf einem "Schutz des Qualifikationsniveaus". Darüber hinaus fordert die AK einen Rechtsanspruch der Arbeitslosenversicherten auf Weiterbildung ein. Mitter verweist dabei auf das Schweizer Modell, wo Arbeitnehmer, je nach Dauer ihrer Tätigkeit, im Rahmen der Arbeitslosenversicherung, "Qualifizierungs-Tagsätze" erwerben können. So ein Versicherungsmodell, meint der AK-Experte, sei auch finanziell absehbar und würde im Übrigen von den jährliche 750.000 Arbeitslosenfällen nur rund 100.000 betreffen. Öllinger wiederum wäre "durchaus bereit, über Neuqualifizierungen bei Arbeitsloser nachzudenken, die auch auf einen neuen Beruf hinauslaufen könnten. Damit dürfte aber auf keinen Fall ein Einkommensverlust einhergehen." Die Mittel für die aktive Arbeitsmarktpolitik des AMS werden 2002 jedenfalls von 8,3 auf 7,7 Mrd. S geschrumpft, weshalb Kritiker nun hoffen, dass Bartenstein die "geretteten 1,5 Mrd. S" für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen, also etwa Qualifizierungspläne, umwidmet. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 23. November 2001)