New York/Teheran - Der Beginn der Afghanistan-Konferenz in der Nähe von Bonn wird sich möglicherweise noch weiter verzögern. Afghanische Quellen in Bonn und diplomatische Quellen in Teheran bezweifelten am Samstag, dass die Tagung am Dienstag beginnen kann. Nach der iranischen Nachrichtenagentur IRNA gibt es weiter Reiseprobleme für die Vertreter aus Afghanistan, die es verhinderten, dass sie rechtzeitig nach Bonn kommen können. Außerdem gebe es starke Meinungsverschiedenheiten innerhalb der afghanischen Gruppen über die Zusammensetzung der Delegationen. Aus diesem Grund könnte sich der Start bis Mittwoch oder sogar Donnerstag verzögern. Ursprünglich war ein Beginn an diesem Montag vorgesehen. Im Iran gebe es Probleme mit dem rechtlichen Status von afghanischen Exilpolitikern, erklärte ein UNO-Vertreter. Die von den Vereinten Nationen einberufene Konferenz soll zu einer Übergangsverwaltung für Afghanistan führen. Berlin weiß nichts von neuer Verschiebung Das Außenministerium in Berlin hat keine Informationen über eine möglicherweise erneute Verschiebung der Afghanistan-Konferenz in Bonn. Die teilnehmenden Delegationen wollten teils am Wochenende sowie am Montag anreisen, sagte ein Sprecher des Ministeriums am Samstag. Die offizielle Eröffnung sei für Dienstag geplant, zuvor werde es jedoch bereits bilaterale Gespräche zwischen einzelnen Delegationen geben. Vier afghanische Gruppen vertreten Bei der Konferenz werden offiziellen Angaben zufolge vier afghanische Gruppen vertreten sein. Es handle sich dabei um Gruppen, die sich in größeren Zusammenhängen um eine politische Lösung für das Land bemühten, sagte der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Christoph Zöpel (SPD), am Donnerstag dem Deutschlandfunk. Deswegen glaube er, dass die Aussichten für einen Erfolg der Konferenz gut seien.

Ein erster Erfolg sei damit erreicht, dass die politische Erneuerung Afghanistans als "welt- innenpolitisches Problem" betrachtet werde und die Vereinten Nationen (UNO) den Prozess gestalteten. Deutschland erbringe für die Konferenz lediglich "gute Dienstleistungen". Außer Vertretern der von Usbeken und Tadschiken dominierten Nordallianz gehören zu den vier Gruppen Zöpel zufolge Vertreter des afghanischen Exkönigs Mohammed Sahir Schah. Sie würden dem Exilort des Königs nach "Rom-Gruppe" genannt. Mit der "Rom-Gruppe" verschmelze zudem die "Bonn-Frankfurt-Gruppe" genannte Vertretung der in Deutschland lebenden Afghanen, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes.

Integrationsfigur

Zahir Schah wird von den USA als Integrationsfigur für die zersplitterte afghanische Gesellschaft betrachtet. Daneben würden Exil-Afghanen, die überwiegend auf der Mittelmeerinsel Zypern lebten, Vertreter entsenden, sagte Zöpel. Sie stünden mit dem ehemaligen afghanischen Kommandeur Gulbuddin Hekmatyar, einem Paschtunen, in Verbindung und hätten gute Kontakte zum Iran. Schließlich habe sich im pakistanischen Peschawar eine Gruppe paschtunischer Stämme gebildet, die ihrerseits Vertreter nach Bonn schickten.

Ziel der Konferenz ist, die politische Erneuerung Afghanistans auf den Weg zu bringen. Die bislang Afghanistan regierenden Taliban sind nicht nach Bonn eingeladen. Sie wurden von weiten Teilen der Paschtunen unterstützt, sind inzwischen jedoch von der Nordallianz von der Macht verdrängt worden.

Die UNO-Konferenz zur politischen Zukunft Afghanistans findet entgegen ursprünglichen Planungen nicht in Berlin, sondern bei Bonn statt. Der Ort war bereits zuvor im Gespräch gewesen. Der Petersberg liegt in Königswinter bei Bonn und gilt als gut abschirmbar. In dem Gästehaus der Bundesregierung fanden bereits zahlreiche internationale Treffen statt. Das Treffen wird dem Innenministerium zufolge unter höchster Sicherheitsstufe stattfinden. Ausgeschlossen von der Konferenz sind die radikalislamischen Taliban, die mit dem muslimischen Extremisten Osama Bin Laden verbündet sind.

Das Auswärtige Amt wies darauf hin, dass es die Konferenz technisch organisiere, Gastgeber jedoch die UNO sei. Das Treffen werde sicher einige Tage dauern, hieß es. Aus den USA, Großbritannien, Pakistan und Russland sollen Diplomaten teilnehmen, darunter auch der US-Sondergesandte für Afghanistan, James Dobbins. (APA/red/DER STANDARD, Print- Ausgabe, 23. 11. 2001)