Wien - "Nicht zu fassen - Querulanten sollen wir sein? Weil wir um den Erhalt unseres Grätzls kämpfen? Die ist ja nicht ganz dicht", kreischt eine junge Frau. Heftig und deftig äußern sich die Mitglieder der Bürgerinitiative "Franziskanerviertel" bei der Grätzlbesprechung Mittwochabend im "Basteibeisl" mit Bezirksvorsteher Franz Grundwalt (VP). Sie haben nämlich unfreundliche Post von seiner Parteifreundin und Bezirksrätin Maria Graff bekommen. Lokal zum Flüchten In einem offenen Brief in dem VP-Blatt Familienexpress bezichtigt Graff die Aktivisten nicht nur des Querulantentums, sie vermutet bei ihnen auch psychische Probleme: "Wollen sie Aufmerksamkeit erregen? Fehlt ihnen ein anderer Sinn des Lebens?" Eins drauf setzt die Bezirkspolitikerin aus Sicht der Kämpfer für das Franziskanerviertel mit ihrer skurril anmutenden Argumentation pro Schunkellokal: "Wenn ich mich bedroht fühlen sollte, könnte ich jederzeit um Hilfe schreiend in einen gastronomischen Betrieb flüchten" - und verweist in diesem Zusammenhang auf einen Mädchenmord, der vor Jahren am Schottenring geschehen ist. Das ist einem Rechtsanwalt zu viel: "Jetzt muss für die Ballermannkultur sogar ein ermordetes Kind herhalten." Kopfschütteln. Der Ruf, Graff wegen übler Nachrede zu verklagen, wird laut. Konzept geändert Die Bewohner wissen, dass sie die "Edelweißalm" nicht mehr verhindern können. Sie sind aber zufrieden, dass das ursprüngliche Konzept der Brau Union mit Livemusik, Kletterwand und Skisimulator nicht umgesetzt wird. Und sie wollen von neuen Lokalansiedlungen verschont bleiben. Seit kurzem ist nämlich bekannt, dass im Haus Nr. 5 in der Blumenstockgasse nicht nur die Alm bald zum Schunkeln einlädt, sondern im gleichen Haus ein zweiter Gastrobetrieb angesiedelt wird. Es werden dann auf drei Ebenen 1200 Quadratmeter Lokalraum entstehen. Die Umwidmung für gewerbliche Nutzung sei schon erfolgt, ungeachtet dessen, dass sich darüber Wohnungen befänden. Daneben in der Weihburggasse entsteht ein "Ibizaklub". Mitte Dezember wird im Bauausschuss über die Lokale verhandelt. In dem ist die VP mit Maria Graff vertreten. (Andrea Waldbrunner, DER STANDARD Print-Ausgabe 23.11.2001)