Kabul - Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) hat Befürchtungen geäußert, dass es zu Massakern an Gefangenen in Afghanistan kommen könne. IKRK-Sprecher Bernard Barrett sagte am Freitag vor Journalisten in Kabul, das Rote Kreuz habe der Nordallianz deutlich gemacht, dass die Vorschriften der Genfer Konvention über den Umgang mit Zivilisten und die Mindeststandards für die Behandlung von Kriegsgefangenen auch für sie gälten. Die Allianz hielt die nordafghanische Stadt Kundus am Freitag weiter unter Beschuss. In der Stadt sollen sich Tausende Kämpfer der radikal-islamischen Taliban befinden. Die Gefahr, dass es bei der Einnahme von Kundus zu einem Massaker kommt, wird durch eine Meldung des IKRK vom Donnerstag unterstrichen, wonach in der Stadt Mazar-i-Sharif nach der Einnahme durch die Taliban-Gegner vor zwei Wochen zwischen 400 und 600 Leichen gefunden wurden. Einzelheiten über die Toten teilte das Rote Kreuz nicht mit. "Es gab Berichte über Exekutionen", sagte Barrett, "und auch das wäre ein Grund zur Besorgnis, denn standrechtliche Hinrichtungen sind eindeutig durch die Genfer Konvention verboten." Die Taliban-Kämpfer, die sich ergäben, dürften nach den in der Konvention festgelegten Regeln weder "physisch noch moralisch erniedrigt" werden und hätten Anspruch auf eine Mindestversorgung nach den Standards der Konvention, sagte der Sprecher. Zuvor hatte der US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld gesagt, er hoffe, die Taliban-Kämpfer und deren ausländische Verbündeten in Kundus würden getötet oder gefangen genommen. Nach Angaben der Nordallianz befinden sich außer den Taliban Tausende Araber, Tschetschenen und Pakistanis in Kundus, die vor allem zur El-Kaida-Organisation des Extremisten Osama Bin Laden gehören. (APA/Reuters)