Am Anfang standen, wie immer, Finanzierungsprobleme: Als sich US-Regisseur George Lucas Mitte der 70er-Jahre den Traum erfüllen wollte, ein Fantasy-Spektakel in der Tradition legendärer Epen wie J. R. R. Tolkiens Der Herr der Ringe und Frank Herberts Der Wüstenplanet zu produzieren, hatte die Filmindustrie keinerlei Erfahrung, ob die geplante Kinoserie Star Wars den notwendigen Aufwand auch nur irgendwie einspielen könnte. Also setzte Lucas zwei Maßnahmen, die er und seine Kollegen in Hollywood seither permanent perfektionieren: Zum einen wurde rund um das Filmereignis eine komplexe Franchisestruktur aufgebaut: Spielzeug und andere Produkte generierten außerhalb des Kinos mehr Einnahmen als die Filme selbst. Weiters arbeitete man im Zuge einer digitalen Revolution der Tricktechnik konsequent an einer Verringerung der Produktionskosten: Diese ist bis heute bestenfalls sporadisch in Sicht. Immerhin wird aber die bereits im kommenden Sommer startende Star Wars-Episode Angriff der Klone der erste, vollständig auf digitalem Material gedrehte Blockbuster sein. Gewiss: Dass Serienhelden erfolgsträchtig sein können, wusste schon die B-Movie-Produktion der 50er- und 60er-Jahre. Aber selbst James Bond lernte erst in den letzten Jahrzehnten mühsam, was es bedeutet, gleichzeitig auch Model für Autowerbungen oder Computerspiele zu sein. Das "Prinzip Blockbuster" geht über die normale Logistik einer Filmproduktion weit hinaus. Die kreierten Figuren und Geschichten müssen auch außerhalb der Leinwand nutzbar, wiedererkennbar und vermarktbar sein. Insofern wurde zuletzt ja Titanic als besonders riskant eingestuft. "Wer kauft schon Spielzeugschiffe, die untergehen?", fragte ironisch Regisseur James Cameron. Das wesentliche Problem im Terrain der Blockbuster war bis dato aber der Faktor Zeit. Wie kann man einen programmierten Erfolg richtig timen und gleichzeitig die Filme zum geplanten Start rechtzeitig fertigstellen? Zahlreiche fehlerhafte und unfertige Spektakel (wie der legendäre Schwarzenegger-Flop Last Action Hero) erzählen von diesem Problem. Aber gerade, wenn man Serien konzipiert, kann man sich als Produzent misslungene Pilotfilme und Fortsetzungen kaum leisten. US-Regisseur Robert Zemeckis dachte insofern revolutionär, als er Ende der 80er-Jahre die Sequels zu seinem Hit Zurück in die Zukunft praktisch gleichzeitig inszenierte und dann im Halbjahres-Abstand in die Kinos brachte. Selbst George Lucas oder Steven Spielberg dachten in Serienangelegenheiten bis dato jedoch bestenfalls in Zwei-jahresabständen. Harry Potter und Der Herr der Ringe setzen in dieser Konkurrenz nun neue Maßstäbe. Beide sind von vornherein als im Jahresrhythmus erscheinende Serien angekündigt: Letzterer in drei, Ersterer gar in sieben Teilen. Und ohne die mittlerweile erreichten technischen Standards und globalen Vertriebsnetze wären derartige Gewaltanstrengungen früher wohl undenkbar gewesen: Herr der Ringe-Regisseur Peter Jackson hat bereits alle drei Teile abgedreht. Er muss in den nächsten zwei Jahren nur noch an den Spezialeffekten arbeiten. Und im Fall von Harry Potter zeichnet sich die totale Serienproduktion ab: Die Dreharbeiten zu Teil zwei begannen einen Tag nach der Weltpremiere von Harry Potter und der Stein der Weisen. Wenn das Interesse der Fans nicht erlahmt, steht den Produktionsbüros von Warner eine anstrengende Zeit bevor. Die dabei gesammelten Erfahrungen dürften dem Aufwand und dem Marketing von Serienproduktionen aber einmal mehr ungeahnte Möglichkeiten erschließen. Über TV-Serien, die aus einzelnen Kinofolgen entstehen könnten, wird nachgedacht: Serien-Serien. (DER STANDARD, Printausgabe vom 24./25. November 2001)