Wien - Es ist die erste Schulküche mit einer Haube. Und das hat weder mit maßloser Übertreibung noch mit Realitätsverlust etwas zu tun. Denn es ist der Haubenkoch Christian Wrenkh, der die Küche im gerade erst eröffneten Neubau der Freien Waldorfschule Wien-West (FWWW) übernommen hat.

Und was mit Anfang November noch provisorisch begann, soll nun Schritt für Schritt ausgebaut werden. Gemeinsam mit den Schulverantwortlichen will der vegetarische Kochpionier in der Seuttergasse 29 eine "kulinarische anthroposophische Begegnungsstätte" aufbauen.

"Das passt hervorragend zusammen", ist Wrenkh überzeugt. "Schließlich haben Waldorfschulen einen sehr künstlerischen Zugang - und Essen ist ein ausgesprochen sinnliches Erlebnis." Wrenkh weiß, wovon er spricht - war er doch einer der Ersten in Wien, der in mittlerweile drei Lokalen bewies, dass man zu vegetarischer Küche weit mehr assoziieren kann als: "Weißt, wie g'sund?"

Drama Gast-Kellner

"Als Nächstes planen wir, die Schulküche zu einem Schulrestaurant zu erweitern", erläutert FWWW-Geschäftsführer Thomas Leitner. "Eine Begegnungsstätte für Eltern, die sich dann auch an die Öffentlichkeit wendet."

Eine weitere Ausbaustufe könnte dann eine Ausbildungsstätte für den Gastronomiebereich sein. "Da geht es um das Drama Gast-Kellner", erläutert Wrenkh. "Denn im Prinzip kann ja jeder, der auch nur einen Teller halten kann, losgelassen werden, um mir einen Abend zu verderben."

Und gerade die Waldorfschüler hätten meist "ein gutes Auftreten - das würde sie eigentlich für diesen Beruf prädestinieren", ist Wrenkh überzeugt. Und wo sonst werden einem die kleinen, wichtigen Gesten beigebracht? Zum Beispiel, "dass man dem Gast binnen 20 Sekunden zumindest einmal in die Augen schaut, wenn er das Lokal betritt. In Wirklichkeit muss ein Gastronom befähigt werden, Beziehungen zu managen."

In Wien ist nur allzu oft genau das Gegenteil der Fall: dass die Demütigung des Gastes auch noch in den Kultstatus erhoben wird. Wrenkhs Unbehagen mit diesem urwienerischen Gastro-Mangel trifft sich nun gut mit den Überlegungen, die in der FWWW gewälzt werden: "Im Gegensatz zu den Schulen in Mauer und Pötzleinsdorf haben wir keine Oberstufe. Für eine weitere nach demselben Muster wäre auch kein Platz", weiß Leitner. "Wir überlegen daher, eine Art Akademie zu entwickeln, die mit der Matura abgeschlossen werden kann. Dabei könnte eine derartige Gastronomieausbildung eine Schiene sein - eine weitere ein verstärkter sportlicher Zugang."(DER STANDARD, Print-Ausgabe, 26. November 2001)