Österreich ist das Land mit den restriktivsten Ladenschlussgesetzen Europas. Österreich ist weiters das Land mit den höchsten Marktkonzentrationen - im Möbel-oder Lebensmittelhandel etwa teilen sich wenige Große den Kuchen. Beides ist empirisch beweisbar. Ersteres konnte Zweiteres nicht verhindern. Österreich ist schließlich - und das lässt sich nur schwer belegen, aber täglich erfühlen - das Land mit einer der schwerfälligsten Diskussionskulturen des Kontinents. Dies lässt sich eben am Ladenschluss und an seiner versuchten Liberalisierung festhalten. Denn kaum kommen Argumente für eine längere Öffnung auf den Tisch, hauen die Fäuste einer Allianz aus gewerkschaftlichen, populistischen und christlichen Kräften auf ebendiesen, dass es nur so scheppert. Dem Vorschlag, Unternehmer dürfen im Rahmen einer Maximalstundenanzahl offen halten, wann sie wollen, wird entgegnet: Zwangsweise Nachtöffnung? Kommt überhaupt nicht infrage! Öffnung am Sonntag, so wie es in fast allen europäischen Ländern außer Deutschland und Griechenland zumindest teilweise möglich ist? Die Familien werden vollends zerstört! Das ebenso dumme wie weitläufig verbreitete Missverständnis, wonach bei längeren Öffnungszeiten automatisch auch die Beschäftigten länger arbeiten müssten, wird von Ladentür-Betonierern wider besseres Wissen kultiviert. Solange es etwas bringt. Natürlich ist klar, dass der Hoteliersverband, der jetzt die Sonntagsöffnung fordert, damit auch nur die Auslastung der eigenen Betriebe forcieren will. Dass aber Touristen, die abends oder an Sonntagen vor geschlossenen Geschäften stehen, die einzige Chance für nicht wenige Betriebe auf Zusatzumsatz und vielleicht auf Existenzsicherung bedeuten, wird vom Tisch gekippt: Brauch' ma net. Wegen Reichtums geschlossen. (DER STANDARD, Printausgabe 27.11.2001)