Brüssel/Luxemburg - Prostituierte aus Polen und Tschechien dürfen in den Niederlanden ihrem Gewerbe nachgehen. Aufgrund der Assoziationsverträge der EU mit den beiden Ländern stehe ihnen als "selbstständig Erwerbstätigen" die Niederlassungsfreiheit zu, entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem Urteil. Die Richter hielten zugleich fest, dass sie nicht an Stelle der Mitgliedstaaten über eine "angeblich unsittliche, aber in den Mitgliedstaaten rechtmäßig ausgeübte Tätigkeit" zu befinden hätten. Eine Diskriminierung gegenüber Einheimischen sei unzulässig, dekretierte das Oberste Gericht weiter in seiner Vorabentscheidung vom 20. November, die für alle EU-Staaten bindend ist. Geklagt hatten sechs polnische und tschechische Frauen, die als "Fenster-Prostituierte" in Amsterdam arbeiten wollten, vor einem niederländischen Gericht. Sie hatten eine Aufenthaltsgenehmigung beantragt, die mit der Begründung abschlägig beschieden worden war, dass Prostitution verboten, bzw. "keine gesellschaftlich akzeptierte Form der Arbeit" sei. Der EuGH stellte dagegen fest, dass es sich in den meisten EU-Staaten "keineswegs um eine verbotene Tätigkeit" handle, sondern dass sie geduldet und sogar reglementiert sei. Die Gemeinde Amsterdam erlaube Straßen- und Fenster-Prostitution. Prostituierte sind Unternehmerinnen Die niederländischen Behörden hatten weiter angeführt, Prostitution könne auch nicht als regelmäßige Beschäftigung oder als freier Beruf angesehen werden. Auch diesen Einwand ließ der EuGH nicht gelten. Aus seiner Sicht ist das "älteste Gewerbe der Welt" unter bestimmten Bedingungen durchaus mit selbstständiger Unternehmertätigkeit gleichzusetzen. Es bleibe dem Mitgliedstaat überlassen zu prüfen, ob die Tätigkeit wirklich selbstständig ausgeübt werde und nicht eine "verschleierte unselbstständige Arbeit" mit Unterordnungsverhältnis und Abgabe eines Teils des Entgelts sei. Gelingt der Nachweis, greifen die Assoziationsverträge, die Selbstständigen aus Polen oder Tschechien Anspruch auf Niederlassungsfreiheit in der EU gewähren. Für Unselbstständige gilt dies nicht. Die Prostituierten hatten angegeben, von ihrem Verdienst ordnungsgemäß Steuern zu zahlen. Die Richter lieferten auch gleich eine Definition der Prostitution: es handle sich um eine "entgeltliche Dienstleistung", die als Erwerbstätigkeit bezeichnet werden könne. Sie bestehe in einer "Tätigkeit, durch die der Leistungserbringer gegen Entgelt eine Nachfrage des Leistungsempfängers befriedigt, ohne materielle Güter herzustellen oder zu verkaufen." (APA)