Literatur
"Kafka war kein Sammler"
Rekonstruierte Kafka-Bibliothek für Kafka-Gesellschaft
Berlin - Die Franz-Kafka-Gesellschaft in Prag erhält die nahezu gesamte rekonstruierte
Bibliothek Kafkas (1883-1924). Die Sammlung wurde durch wertvolle Erstausgaben
des Schriftstellers ("Der Prozeß") ergänzt. Die Firma Porsche, die den Bestand
erworben hatte, übergab die über 1.000 Bücher, Zeitschriften und Almanache im Wert
von über 250.000 Mark (127.823 Euro/1,76 Mill. S) am Dienstag in Berlin symbolisch
an den Präsidenten der Kafka-Gesellschaft, Kurt Krolop.
Der Bestand wurde von dem Stuttgarter Antiquar Herbert Blank zusammengestellt. Die
Bücher befanden sich entweder im Besitz Kafkas oder sind Ausgaben aus seiner Zeit,
mit denen er sich im Laufe seines Lebens nachweislich beschäftigte. Blank stellte
dazu in mehrjähriger detektivischer Arbeit einen Katalog zusammen. Der Antiquar
vertritt die Ansicht, dass Kafka mit schätzungsweise 400 bis 500 Büchern für einen
Autor eine vergleichsweise kleine "Handbibliothek" besessen habe, was auch auf
seine beengten Wohnverhältnisse, seinen Geiz und schließlich seine spätere
schwere Erkrankung zurückzuführen sei.
"Kafka war kein Sammler", sagte Blank. Sein Verhältnis zur schreibenden Zunft sei
"gelinde gesagt etwas zwiespältig" gewesen. So nehmen auch nichtliterarische Titel
wie Reisebeschreibungen oder wissenschaftliche Volksbücher und biografische
Darstellungen einen beträchtlichen Umfang in seiner Bibliothek ein.
'Es gelten nur die Bücher'
Über seine eigenen Werke vermerkte Kafka in seinem Testament: "Von allem, was ich
geschrieben habe, gelten nur die Bücher: Urteil, Heizer, Verwandlung, Strafkolonie,
Landarzt und die Erzählung: Hungerkünstler ... Dagegen ist alles, was sonst an
Geschriebenem von mir vorliegt ... ausnahmslos zu verbrennen."
Die Wege, die Kafkas Bibliothek nach der Deportation seiner Schwester Ottla nach
Theresienstadt genommen hat, sind bis heute nicht lückenlos aufgeklärt. Fest steht,
dass zumindest der größte Teil irgendwann in ein Münchner Antiquariat gelangte und
1982 an die Forschungsstelle für Prager deutsche Literatur an der Universität
Wuppertal verkauft wurde, wo sich die Bücher bis heute befanden. "Jetzt kommt nach
Prag, was dort auch hingehört", sagte der Verleger und Kafka-Experte Klaus
Wagenbach, der schon 1958 eine Liste der Kafka-Bibliothek veröffentlicht hat. (APA)