Eine Stagnation auf hohem Niveau, keine Rezession sei es, was Österreichs Wirtschaft gerade durchmache, erläuterte der gut gelaunte Bundeskanzler neben der wortmächtigen Vizekanzlerin sein Resümee des vorangegangenen Konjunkturgipfels. Die Regierung wolle aber die Verlangsamung des Wachstums keineswegs auf die leichte Schulter nehmen, deshalb werde man die beim Gipfel auf den Tisch gekommenen Vorschläge zur Konjunkturankurbelung eingehend prüfen. Einig sei man sich ja ohnehin dabei, die automatischen Stabilisatoren wirken zu lassen, also die konjunkturbedingten Mehrausgaben und Mindereinnahmen eben nicht durch noch mehr Sparen oder noch höhere Steuern auszugleichen. Das war der Vizekanzlerin Stichwort: Die Budgetkonsolidierung bleibe unumstößlich, wie Österreichs neues Stabilitäts-programm beweise. Das heuer wundersam erschienene Nulldefizit wird darin gleich bis 2003 perpetuiert. Das setzt freilich erstaunliche Rechenkunst voraus: Noch vor einem Jahr war im Stabilitätsprogramm für 2002 ein Budgetdefizit von 0,3 Prozent angesetzt, sollte das Wirtschaftswachstum auf 2,1 Prozent fallen. Nun wird im neuen Programm die Wachstumsprognose für 2002 gar auf 1,3 Prozent gesenkt, und siehe da: Im Budgetansatz steht eine glatte Null. Wie das zusammengehen soll, ohne dass dabei die automatischen Stabilisatoren durch zusätzliches Sparen und/oder weiteres Drehen an der Steuerschraube abgewürgt werden, wäre eine interessante Frage. Diese ließen Kanzler und Vizekanzlerin gar nicht erst aufkommen. In gekonnter Doppelconférence wurde da mit potenziellen Sonderbauprojekten, Technologieoffensiven und Bildungsschwerpunkten jongliert. Schmähführerei auf hohem Niveau. Farkas und Waldbrunn nix dagegen. (DER STANDARD, Printausgabe 28.11.2001)