Bratislava/Wien - Bei den ersten Regionalwahlen in der Slowakei fällt am Samstag die Vorentscheidung darüber, ob der ehemalige Ministerpräsident Vladimír Meciar nach 1992 (damals noch in der slowakischen Teilrepublik der CSFR) und 1994 ein drittes Mal an die Macht zurückkehrt. Nach allgemeiner Einschätzung handelt es sich um eine Probelauf für die Parlamentswahlen im Herbst 2002.

Fest steht, dass sich die nach den Wahlen 1998 als Anti-Meciar-Front gebildete heterogene Regierungskoalition unter dem christdemokratischen Premier Mikulás Dzurinda in Auflösung und die slowakische Parteienlandschaft insgesamt im Umbruch befinden. Nach der neuesten Umfrage des Markant-Instituts käme Meciars Bewegung für eine Demokratische Slowakei (HZDS) bei Parlamentswahlen auf knapp 31 Prozent der Stimmen.

Mit großem Abstand folgt die derzeit nicht im Parlament vertretene Mitte-links-Partei "Smer" (Richtung) des Jungpopulisten Róbert Fico (15 Prozent). Erst dann kommen Regierungsparteien: Die Partei der Ungarischen Koalition (SMK/ 9,3 Prozent), Dzurindas neu gegründete Slowakische Demokratische und Christliche Union (SDKU/9 Prozent) und die "alten" Christdemokraten (KDH/8,6 Prozent).

Die vor kurzem von dem Medienunternehmer Pavel Rusko gegründete "Allianz des Neuen Bürgers" (Ano - was zugleich Ja heißt) liegt der Umfrage zufolge bei 8,6 Prozent. Vier derzeitige Regierungsparteien würden an der Fünfprozenthürde scheitern: die Demokratische Linke (SDL), die Demokratische Partei (DS), die Liberal-Demokratische Union (LDU) und die von dem jetzigen Staatspräsidenten Rudolf Schuster gegründete Partei der Bürgerlichen Verständigung (SOP).

Bei den Regionalwahlen stehen einander zwei Lager gegenüber: die beiden christdemokratisch-konservativen Gruppen und die Ungarn-Partei auf der einen und Meciars HZDS, Ficos "Smer" und die Demokratische Linke auf der anderen Seite. Vom Ergebnis wird es abhängen, ob diese Formationen bis zu den Parlamentswahlen in knapp einem Jahr halten.

Manche einst vehementen Meciar-Gegner rechnen offenbar schon damit, dass ohne den umstrittenen Expremier nichts gehen wird. Pavel Hrusovsky, Chef der "alten" Christdemokraten (KDH), hat bereits öffentlich über eine neuerliche Machtbeteiligung Meciars spekuliert. Meciar selbst hat inzwischen wiederholt eine klares Bekenntnis zum Pro-EU- und Pro-Nato-Kurs des Landes abgelegt.

Die Regionalwahlen sind Konsequenz der im Oktober vom slowakischen Parlament verabschiedeten Verwaltungsreform. Danach gehen rund 300 Kompetenzen von der zentralstaatlichen Administration auf regionale und kommunale Selbstverwaltung über. Durch veränderte Finanzierungsstrukturen sollen die Regionen mehr Gestaltungschancen erhalten. Die Wahl der Vorsitzenden der acht höheren Verwaltungseinheiten (siehe Karte) erfolgt in zwei Durchgängen (im ersten ist die absolute Stimmenmehrheit erforderlich).

Das Interesse der Bürger ist allerdings gering: Umfragen zufolge will nur ein Drittel der Berechtigten wählen - offenbar eine Folge mangelnder Information, zu vieler Kandidaten und eines Überdrusses an der politischen Klasse. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 29.11.2001)