Dortmund/Wien - In die zahlreichen Reformprozesse, die die Universitäten zurzeit durchlaufen, hat das Thema "Frauen und Wissenschaft" kaum Eingang gefunden. Eine der wenigen Ausnahmen bildet die Universität Dortmund. Dort läuft seit drei Jahren das Projekt QueR (Qualität und Innovation. Geschlechtergerechtigkeit als Reformstrategie). Begonnen hat alles mit der Beteiligung der Dortmunder Uni am Hochschulreformprogramm "Leistungsfähigkeit durch Eigenverantwortung", das die Volkswagenstiftung finanziert. "Die Idee, dabei die Geschlechtergerechtigkeit in den Mittelpunkt zu stellen, kam von unserer Gleichstellungsbeauftragten und wurde von der VW-Stiftung bestärkt", sagt Petra Selent im Gespräch mit dem STANDARD. "Die Stiftung machte der Uni klar, dass ein solches Reformprojekt große Chancen auf Fördergelder haben würde - immerhin 1,5 Mio. Mark." Das Bildungsministerium des Landes legte 250.000 DM drauf, dazu kamen weitere Hunderttausende aus den Uni-Töpfen für Teilprojekte. "Heute, nach Ablauf von drei Jahren, sind wir so weit", ist Selent überzeugt, "dass die Uni den eingeschlagenen Weg nicht mehr verlassen kann und will." Mittlerweile gilt sie überall als Pionierin des Paradigmenwechsels: Gleichstellung wird nicht mehr als Frauenförderung, sondern als Strukturpolitik und Querschnittsaufgabe der Personalentwicklung gesehen. Der Anfang allerdings war schwer. Zunächst wurden vier Pilotfachbereiche - Chemie, Maschinenbau, Raumplanung und Gesellschaftswissenschaften/Philosophie/Theologie - auf den Stand ihrer Reformen und die Situation der Frauen abgeklopft. Argumentationsarbeit "Dann folgte eine anstrengende Argumentationsarbeit", sagt Selent, "bei der die gewohnten Positionen der Männer nach und nach zu bröckeln begannen." Inzwischen hätten die Kollegen auch erkannt, dass die Einbindung der Genderperspektive in die Reformen und Entscheidungsstrukturen Vorteile für die gesamte Uni bringt. Als richtige Strategie habe sich das Top-Down-Prinzip erwiesen: Das Projekt wurde unmittelbar im Rekorat angesiedelt und wird auch vom Kanzler, dem Verwaltungschef, voll unterstützt. Zu den vier Fachbereichen der ersten Stunde haben sich inzwischen zwei weitere gesellt, dazu das Hochschuldidaktische Zentrum als wissenschaftliche Einrichtung. "Und wenn nichts dazwischenkommt, werden es 2002 noch mehr." Selent hält den Prozess für unumkehrbar, weil die Gleichstellungsgesichtspunkte bereits fix in Controlling, Mittelverteilung und Review (Selbstevaluierung) eingeflossen sind. Hinkt etwa ein Fachbereich bei der Gleichstellung nach, bekommt er einen Teil seiner Gelder für Gleichstellungsprojekte zweckgebunden zugewiesen. Auch für den Nachwuchs sind die Gleichstellungsaktivitäten der Fachbereiche offenbar attraktiv. Selent: "Unsere Arbeit, zusammen mit Werbekampagnen des Bundes, hat bewirkt, dass zum Beispiel von unseren neu inskribierten Chemiestudierenden statt früher 30 Prozent jetzt 46 Prozent Frauen sind." (Heide Korn, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 30.11.2001)