Salzburg - Über das "Gesundheitsrisiko Mobilfunk"
diskutierten am Donnerstag Abend Salzburger Politiker,
Umweltmediziner, Baubiologen, Juristen und betroffene Anrainer im
Saal der "Salzburger Nachrichten" im Pressezentrum in Salzburg.
Zahlreiche Anrainer klagten über körperliche Beschwerden und Experten
hegten keine Zweifel darüber, dass Mobilfunkanlagen
gesundheitsgefährdend sein können.
Nur mit baubehördlichen Bewilligungspflichten könnten die Rechte
der Anrainer gewährleistet werden. Weiters müssten "vernünftige
Vorsorgewerte im österreichischen Telekommunikationsgesetz verankert
werden", forderten die Wissenschafter.
Es fehle an einer gesetzlichen Informationspflicht der
Mobilfunkbetreiber bereits vor der Errichtung von Handymasten
gegenüber den Anrainern und es gebe noch keine fundierten
wissenschaftlichen Untersuchungen über die Ursache der
Gesundheitsprobleme, über die viele Anrainer von Handymasten klagen.
Der Mindestabstand zu den Wohngebieten sollte gesetzlich festgelegt
werden, meinte dazu der Präsident des österreichischen
Gemeindebundes, Helmut Mödlhammer (V).
Unsichere wissenschaftliche Lage
Nach der österreichischen Rechtslage dürfte aber nur dann eine
Mobilfunkanlage genehmigt werden, wenn der Gesundheitsschutz
gewährleistet ist", betonte der Vorstand des Institutes für
Umweltrecht an der Universität Linz, Ferdinand Kerschner. Für die
Juristen sei aber erkennbar, dass die wissenschaftliche Lage unsicher
ist, ob Mobilfunkanlagen gesundheitsschädlich seien oder nicht. Nach
der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes müsse der
Gesundheitsschutz der Bevölkerung wirtschaftlichen Erwägungen
vorgehen, so Kerschner. Das derzeitige Telekommunikationsgesetz
entspreche nicht dem Vorsorgeprinzip.
"Wir wissen noch immer nicht genau, warum der Elektrosmog
gesundheitsgefährdend ist", meinte dazu der deutsche Baubiologe
Helmut Merkl. Der vom deutschen Magazin "Öko-Test" empfohlene
Vorsorgewert von zehn Mikrowatt pro Quadratmeter sollte "speziell in
Dauerschlafbereichen sowie in anderen sensiblen Zonen wie
Kindergärten, Schulen und Krankenhäusern sogar unterschritten
werden", betonte Merkl. Für diese Bereiche sollte als Maßstab ein
Mikrowatt pro Quadratmeter gelten. Der Baubiologe hält den Salzburger
Vorsorgewert, der für die Summe der Handymastenstrahlung im Freien
einen Wert von derzeit einen Milliwatt /pro Quadratmeter vorsieht,
"immer noch zu hoch".
Grenzwert gefordert
Einen "adäquaten Grenzwert, der den nicht thermischen
Wirkungsbereich erfasst", forderte der Salzburger Umweltmediziner
Gerhard Oberfeld. Je höher der Handymasten, desto geringer sei aber
die Immissionsbelastung.
Obwohl es einige epidemiologischen Untersuchungen gebe, wonach
Anrainer von Basis-Mobilfunkstationen an erhöhtem Krebsrisiko,
Bluthochdruck, Kopfschmerzen etc. leiden, "wissen wir nicht, wieso
das passiert", erklärte der Wiener Universitätsprofessor für
Umwelthygiene, Michael Kundi. "Hier besteht ein ungeheurer
Forschungsbedarf!".
Dass aber sämtliche Mobilfunkanlagen immer noch bewilligungsfrei
seien, kritisierte der Salzburger Stadtrat Johann Padutsch (BL).
Verunsicherung nicht schüren
"Überzogenes Risikobewusstsein und fehlende Bereitschaft, die
Erkenntnisse neuester wissenschaftlicher Quellen anzuerkennen",
ortete der Geschäftsführer des Forums Mobiltelekommunikation Thomas
Barmüller in "gängigen dramatisierenden Aussagen über
gesundheitsschädliche Wirkungen von Mobilfunkanlagen". Vorhandene
Ängste bei Anrainern müssten ernst genommen werden, die
Verunsicherung aber keinesfalls geschürt werden, hieß es in einer
Reaktion auf Aussagen im Rahmen der Salzburger Diskussionsveranstaltung.
"Es kann keine Rede davon sein, dass gesundheitsschädliche
Wirkungen der Mobilfunk-Technologie wissenschaftlich erwiesen sind",
so Barmüller. Das zeige auch die aktuellste Forschungsbewertung der
deutschen Strahlenschutzkommission (SSK), in der u.a. Humanmediziner
eine Bewertung neu publizierter Forschungsergebnisse hinsichtlich
Mobilfunk durchführten. Diese Forschungsbewertung sieht dezidiert
"kein zusätzliches Risiko durch Mobilfunk".
"In dieser aktuellsten Bewertung der neueren wissenschaftlichen
Literatur kommt die Kommission zum Schluss, dass das EU-Schutzkonzept
und seine empfohlenen Vorsorgewerte geeignet sind, um vor den im
Alltag vorkommenden Expositionen zu schützen. An diese Vorsorgewerte
halten sich auch die österreichischen Mobilfunkbetreiber
flächendeckend", betonte Barmüller.
(APA)