"Viele Schwangere wissen nichts von ihrer Aidsinfektion"
Früherkennung der Krankheit kann Ungeborenes schützen
,
Graz - Die HIV-Infektion bei Neugeborenen könnte bei
optimaler medizinischer Versorgung und Vorsorge der Mutter nahezu
vollständig vermieden werden. In Österreich ist man allerdings noch
ein Stück weit davon entfernt: Entsprechend der bundesweiten
Aufzeichnungen der letzten sechs Jahre liegt laut Brigitte Schmied
von der Internen Immunambulanz des Wiener Otto-Wagner-Spitals das
derzeitige Übertragungsrisiko des Virus von der Mutter auf das
Ungeborene bei rund sechs Prozent. Grund dafür sei vor allem auch,
dass viele Frauen erst in der Schwangerschaft oder bei der ersten
ernsten Erkrankung des Kindes von ihrer eigenen Infektion erfahren,
so Schmied.
Neue Lebensperspektive für Aids-Kranke
Die therapeutischen Behandlungsmöglichkeiten der HIV-Infektion
durch die Kombinationstherapie haben in den letzten Jahren eine
deutliche Verbesserung der Lebensqualität und eine Verlängerung der
Lebensdauer bewirkt. Durch diese neue Lebensperspektive wird bei
vielen HIV-infizierten Frauen auch der "Kinderwunsch" zu einem
Thema. "Das Übertragungsrisiko für das Kind kann bei optimalem
Management mittlerweile auf unter 1 Prozent gesenkt werden", so
Schmied im Rahmen des am Freitag eröffneten 12. Österreichischen
Aids-Kongresses in Graz. "Dieser Erfolg ist aber nur bei einer
bestmöglichen Zusammenarbeit aller Beteiligten gewährleisten", so die
Medizinerin. Und dazu gehören vor allen Dingen auch die werdenden
Mütter selbst, die oft lange nichts von ihrer Infektion wissen.
Statistisches
Österreichweit haben 74 HIV-infizierte Frauen in den vergangenen
sechs Jahren 87 Kinder geboren. "Ein Drittel der Frauen hat erst im
Verlauf ihrer Schwangerschaft von ihrer Infektion erfahren", so
Schmied. Bei sechs der 87 Kinder wurde der Virus von der Mutter auf
das Kind übertragen. "Sechs Kinder sind sechs Kinder zu viel", so die
Medizinerin, die betonte: "Der wichtigste Schritt zum Schutz des
Ungeborenen ist der Aids-Test." Für einen verpflichtenden Test im
Rahmen der Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen tritt die Medizinerin
allerdings nicht ein. "Es ist verständlich, dass keine Frau, die
HIV-infiziert ist, diesen Vermerk im Mutter-Kind-Pass prangen haben
möchte", so Schmied, die den Frauen aber dringlich rät, die anonyme
Möglichkeit eines kostenlosen Aids-Tests in den österreichischen
Aids-Hilfestellen in Anspruch zu nehmen.
Schwangere, die über ihre HIV-Infektion Bescheid wissen, können
sich während der Schwangerschaft einer antiretroviralen Therapie
unterziehen, die auch das Kind schützen soll. Zusätzlich wird das
Neugeborene, das zur Hebung der Sicherheit per Kaiserschnitt auf die
Welt kommen sollte, prophylaktisch behandelt. "Empfohlen wird eine
vierwöchige Prophylaxe für das Kind", so Schmied.
Die Hälfte aller weltweit HIV-infizierten Personen sind Frauen. In
den westlichen Industrieländern beträgt der infizierte Frauenanteil
rund 25 Prozent. Ohne medikamentöse Vorbeugung beträgt die
Übertragungsrate von der Mutter auf das Neugeborene rund 25 bis 30
Prozent.(APA)
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