Adrian Holmes ist - international vielfach ausgezeichneter - Chief Creativ Officer des weltweit operierenden Werberiesen Lowe Lintas & Partners

Foto: Lowe Lintas
STANDARD: Sie sind für das erste Nachwuchsseminar des Creativ Clubs Austria (CCA) in Wien. Was bedeutet die Konjunkturkrise für Kreativität? Adrian Holmes: Die klassische Antwort der Kunden: Werbebudgets kürzen, viel konservativere Werbelinien. Beide Antworten sind falsch. Wer Rezession quasi ignoriert und kräftig wirbt, geht umso stärker aus ihr hervor, als wer sich ins Schneckenhaus zurückzieht und aus der Wahrnehmung der Konsumenten verschwindet. Der Versuchung konservativerer Werbung muss man ebenso widerstehen. Größtes Risiko ist hier, kein Risiko einzugehen. STANDARD: Hier drang bisher wenig von Kündigungen in Agenturen nach außen. Wie schlimm ist es in London? Holmes: Es gab Kündigungen. Wir versuchen, Kosten zu kappen, haben einen Einstellungsstopp verhängt. Sollte sich die Lage weiter verschlimmern, tendieren wir eher dazu, Gehälter zu kürzen denn Jobs zu streichen. STANDARD: Sehen Sie eine weitere Verschlechterung? Holmes: Nach meinem Gefühl haben wir die Talsohle bereits erreicht. Es gibt erste Signale der Besserung. STANDARD: Bisher sind die nicht einfach zu erkennen. Holmes: Medien melden verlangsamten Rückgang der Buchungen oder Stabilisierung auf niedrigerem Niveau. Die Stimmung in Agenturen und auf Finanzmärkten bessert sich langsam. Rezession ist ja nichts anderes als ein Gefühl der breiten Masse. STANDARD: Wie ist die Stimmung für Werbeinvestments? Holmes: Die meisten Kunden erwarten ein schwieriges Jahr 2002 - aber mit deutlicher Erholung gegen Ende. Geschieht nichts ähnlich Grässliches wie am 11. September, könnte es auch schneller gehen. STANDARD: Lowe Lintas Wien GGK verliert ihren Chef. Schon eine Idee, wer die Lücke füllt? Holmes: Geri Aebi ist die seltene Kombination aus Business und Kreativität. Aber in der Agentur sehe ich genügend Potenzial. Für sie ist es bei allem Bedauern über seinen Abgang kein Desaster, sondern eine großartige Herausforderung. STANDARD: Kreatives Potenzial Österreichs kommt international bisher nicht recht durch. Holmes: Der Abstand wird kleiner, das zeigte sich auch in Cannes. Ein Grund dafür sind Aktivitäten wie dieses Seminar. Es gibt viel Talent hier. (Harald Fidler/DER STANDARD; Print-Ausgabe, 1./2. Dezember 2001)