Bonn - Nach der grundsätzlichen Einigung auf die Bildung einer gemeinsamen Übergangsregierung haben die vier Parteien auf der Bonner Afghanistan-Konferenz am Sonntag einen Kompromiss für die Besetzung dieses Gremiums gesucht. Es folgen die wichtigsten Themen der Konferenz, die nach den Vorstellungen der sie leitenden Vereinten Nationen bis Montag erfolgreich abgeschlossen werden soll.
  • ÜBERGANGSREGIERUNG In der Nacht zum Sonntag haben die vier Parteien über einen Vorschlag des UNO-Vermittlers Lakhdar Brahimi beraten, der die Bildung einer etwa 30 Mitglieder zählenden Übergangsregierung vorsieht. Der ursprüngliche Plan, parallel dazu auch ein Übergangsparlament zu schaffen, wurde aufgegeben. An der Frage der Besetzung der beiden Gremien hatten sich am Freitag Unstimmigkeiten innerhalb der Nordallianz entzündet, die die größte Delegation in Bonn stellt. Nach dem Brahimi-Vorschlag soll der künftige Regierungschef fünf Stellvertreter haben, darunter eine Frau. Die Übergangsregierung soll nach den Vorstellungen drei bis sechs Monate amtieren und von einer Verfassungsgebenden Versammlung abgelöst werden. Diese so genannte Loya Jirga soll vom ehemaligen König Mohammed Zahir Shah einberufen werden. Sie soll eine Verfassung ausarbeiten und Wahlen in etwa zwei Jahren vorbereiten.

  • EX-KÖNIG Alle vier Parteien sind sich darüber einig, dass der in der afghanischen Bevölkerung hoch geachtete Ex-König Zahir Shah als Symbol der Einheit Afghanistans eine Rolle bei der Gestaltung der Zukunft des Landes spielen soll. Der 87-Jährige lebt seit seiner Entmachtung 1973 im römischen Exil. Konsens besteht offenbar auch darin, dass Zahir keine administrativen Aufgaben übernehmen soll. Allerdings streben Mitglieder der ihn umgebenden so genannten "Rom"-Gruppe Ministerposten in der Übergangsregierung an. Zahir Shah sei bereit, nach Kabul zurückzukehren, sobald ihm die Übergangsregierung ihm eine Aufgabe zugewiesen habe und seine Sicherheit durch eine internationale Friedenstruppe gesichert sei, sagen seine Berater.

  • FRIEDENSTRUPPE Weitgehender Konsens besteht unter den Delegationen über die Notwendigkeit einer internationalen Friedenstruppe unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen. Nur wenn sie die Sicherheit vor allem in der Hauptstadt Kabul gewährleiste, könnte die Übergangsregierung ungehindert arbeiten. Derzeit beherrscht die Nordallianz Kabul. Keine Einigung gibt es bisher über die Zahl und die Zusammensetzung der Truppe. Delegierte veranschlagen die nötige Stärke der Truppe von "ein paar hundert" bis zu "ein paar tausend". Die Nordallianz hatte zu Beginn der Konferenz noch darauf bestanden, die Sicherheit im Land durch eine nationale Truppe herzustellen, war aber während der Konferenz von dieser Forderung abgerückt. Sie bevorzugt aber, die Truppe mit moslemischen Soldaten zu besetzten. Unter Diplomaten wird die Türkei als Anführerin dieser Truppe genannt. Fünf Länder hätten bereits Soldaten für die Friedenstruppe angeboten.

  • INTERNATIONALE HILFE Vor allem westliche Länder haben eine Wiederaufbauhilfe für das nach 23 Jahren Bürgerkrieg weitgehend zerstörte Land an einen erfolgreichen Abschluss der Bonner Konferenz geknüpft. Es mache keinen Sinn, Milliarden in ein Land zu pumpen, wo diese Milliarden versickerten, sagten westliche Diplomaten. Ein britischer Konferenzbeobachter bezifferte die benötigten Mittel für den Wiederaufbau auf fünf bis zehn Milliarden Dollar (5,63 Mrd. Euro/77,4 Mrd. S bis 11,25 Mrd. Euro/155 Mrd. S) über die nächsten zehn Jahre. Humanitäre Hilfe wird vom Westen nicht an den positiven Konferenzausgang geknüpft. (APA/Reuters)