Wien - Am VRVis, dem Zentrum für Virtual Reality und Visualisierung im Wiener Techgate zeigen Wissenschafter potenziellen Kunden, was mit der Darstellung einer dreidimensional wirkenden Umgebung, der VR-Technik, heute schon alles realisiert werden kann. In einem medizinischen Projekt etwa erscheint in einer halb durchsichtigen VR-Brille vor den Augen des Betrachters ein Skelett, das tatsächlich frei im Raum zu stehen scheint, das sich drehen und aus allen erdenkbaren Perspektiven bewundern lässt. Irgendwann einmal, in gar nicht mehr so ferner Zukunft, werden Ärzte die Projektion des originalen Knochengerüstes direkt in ihren Patienten sehen, der Körper am Operationstisch wird scheinbar durchsichtig und erleichtert somit dem Chirurgen seine Arbeit. Auch das Zusammensetzen eines kompletten Körpers aus den Schnittdiagrammen eines Tomographen ist keine Utopie mehr - der Arzt von übermorgen wird seinen Patienten, noch lange, bevor er mit seinem Skalpell zum ersten realen Schnitt ansetzt, virtuell Schicht für Schicht "abschälen" können, bis er die kritischen Stellen gefunden hat. Städtenachbau Ein völlig anderes Anwendungsbeispiel für virtuelle Realität wird im VRVis im Projekt "Graz 3D" präsentiert: Das Zentrum der steirischen Landeshauptstadt wurde digital erfasst, und alle realen Gebäude und Straßen wurden im Computer als dreidimensionale Vektorgrafiken, die dann zum Teil mit Texturen aus echten Fotos "überzogen" wurden, nachgebaut. Der Benutzer kann sich nun durch die Straßen der virtuellen Stadt bewegen, die Häuser aus jedem beliebigen Blickwinkel betrachten und sieht seine Stadt so, wie sie sich ihm auch im echten Leben aus genau seiner Perspektive präsentieren würde. Dies ist einerseits ein attraktives Instrument für den Tourismus, noch interessanter aber für die Stadtplanung: Wenn ein neues Bauwerk erst in der virtuellen Stadt errichtet wird, können die Planer erkennen, wie es sich tatsächlich in das echte Stadtbild einfügen wird. VRVis stellt eine Schnittstelle zwischen Forschung und Wirtschaft dar und wird nach dem Kompetenzzentren-Programm Kplus gefördert. Von der rechtlichen Struktur her ist VRVis eine GmbH, die im alleinigen Besitz des "Vereins des Kompetenzzentrums für Virtual Reality und Visualisierung" steht; in diesem Verein wiederum sind alle Partner, die hier Forschung betreiben, Mitglieder. Dazu zählen sowohl universitäre Institute beispielsweise der TU Wien und der TU Graz, aber auch Industrieunternehmen wie die AVL List oder Geodata. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 1./2. 12. 2001)