Technik
Synchrotronstrahlung: Vom Störfaktor zum effizienten Werkzeug
Wien - Was sich ursprünglich als störender Verlustfaktor an
den Elektronen- und Positronen-Beschleunigeranlagen der
Hochenergiephysik bemerkbar machte, entpuppte sich in den vergangenen
Jahren als interessantes und effizientes wissenschaftliches Werkzeug
für nahezu alle Bereiche der Naturwissenschaft: die
Synchrotronstrahlung. Diese elektromagnetische Strahlung geht von
energiereichen, geladenen Teilchen aus, die durch ein Magnetfeld auf
eine gekrümmte Bahn gezwungen werden - etwa in ringförmigen
Teilchenbeschleunigern.
Bei der European Synchrotron Radiation Facility (ESRF) in Grenoble
(Frankreich) wird diese hochintensive Strahlung gezielt für
Experimente genutzt. Mit einer Energie von sechs Milliarden
Elektronenvolt (eV), die die Elektronen in der ringförmigen
Vakuumröhre des Beschleunigers antreibt, ist ESRF die stärkste
Röntgenquelle Europas und eine der stärksten weltweit.
Zehntausend bis huntertausend Mal stärker
Die im Teilchenbeschleuniger erzeugte Röntgenstrahlung ist
zehntausend bis hunderttausend Mal so stark wie jene aus einer
Röntgenröhre, wie sie etwa für medizinische Anwendung benutzt wird.
Und anders als beim Lungenröntgen werden Objekte mit der
Synchrotronstrahlung nicht direkt durchleuchtet. Vielmehr wird
gemessen, wie stark die Röntgenstrahlen an den einzelnen Atomen
gebeugt werden und daraus dann die innere Struktur des Objekts
berechnet.
Dies macht man sich in der Materialforschung und in der
biologischen Grundlagenforschung zu Nutze. Ohne aufwendige
Präparationsmethoden können Untersuchungen im Nano-Bereich
durchgeführt werden. In der Materialforschung werden beispielsweise
die Struktur von Keramiken, in der Biomedizin der Aufbau von
Eiweißmolekülen untersucht. (APA)