Sie ist die Gallionsfigur der deutschen Frauenbewegung und für fast 80 Prozent der Bevölkerung ein Begriff. Allein dafür gebührt ihr Anerkennung, denn die Thematisierung von Sexismus und Patriarchat auf durchaus breitenwirksamer Ebene hat Alice Schwarzer viel untergriffige Kritik eingebracht. Von "frustrierter Emanze" bis "Männerhasserin", Schwarzer mußte alle Klischees, die die Welt für Feministinnen bereitstellt, über sich ergehen lassen. Nach 30 Jahren feministischer Aktionen und Publikationen gibt sich die Autorin und Journalistin heute gelassen: "Mein eigenes Beispiel zeigt, dass eine Frau auch unbequem sein kann, dann zwar nicht immer dafür geliebt wird, aber auch nicht gleich geköpft". die Standard.at gratuliert herzlich und hofft auf viele weitere Jahre Alice-Power, so sich nicht doch bald die von der Feministin sehnlichst gewünschte Nachfolgerin finden lässt. Hier ein biographischer Abriss über den bisherigen Lebensweg von Alice Schwarzer: 1942 Am 3. Dezember wird Alice Sophie Schwarzer als Tochter einer ledigen Mutter in Wuppertal-Elberfeld geboren. Sie wächst bei den Großeltern auf, die eine Tabakwarenhandlung betreiben. Besonders der "mütterliche Großvater", "der mich weder auf "Mädchen" noch auf "Junge" drillte", kümmert sich liebevoll um sie. 1957 Zwei Jahre lang besucht sie die Handelsschule in Ebersfeld. 1959 beginnt sie eine "kaufmännische" Lehre in Wuppertal. 1960 Mit 18 geht Schwarzer nach Düsseldorf, wo sie als Sekretärin in einer Werbeagentur arbeitet. Danach übersiedelt sie nach München und jobt in einem Verlag. 1963-1966 Sie zieht nach Paris, wo der Existentialismus die Szene beherrscht und begegnet Jean-Paul Sartre. Mit Gelegenheitsjobs finanziert sie sich ein Sprachstudium an der Alliance Francaise und an der Sorbonne. 1966 kehrt sie nach Deutschland zurück. Sie möchte den Grundstein für ihre Journalistinnenkarriere legen, fällt jedoch bei der Aufnahmeprüfung zur JournalistInnen-Schule durch. 1967-1968 1967 beginnt sie ein Volontariat bei den "Düsseldorfer Nachrichten". In dieser Zeit startet ihre feministische Politisierung. Die Themen "ledige Mütter", "Prostituierte" und "weibliche Teilzeitkräfte" beschäftigen sie. 1969 arbeitet sie für kurze Zeit für die Illustrierte "Moderne Frau" und als Reporterin der links stehenden Zeitschrift "Pardon" in Frankfurt/Main. Danach geht sie wieder nach Paris. 1970 Alice engagiert sich in der Pariser Frauenbewegung. Sie gehört dem "Movement de libération des femmes" an, das als radikal gilt. Ihr Selbstverständnis von "links" stellt den Kampf gegen das Patriarchat vor jenem gegen den Kapitalismus. Zu dieser begegnet sie im Zuge eines Interviews mit Sartre auch Simone de Beauvoir, mit der sie in den kommenden Jahren sechs aufgezeichnete Gespräche führen wird. 1970-1974 An der Pariser Universität Vincennes studiert sie Psychologie und Soziologie. Ihren Lebensunterhalt verdient sie als Korrespondentin für Fernsehen, Radio und Print. 1971 Nachdem der "Nouvel Observateur" das Bekenntnis ihrer Abtreibung von berühmten Französinnen veröffentlicht hat, initiiert Alice Schwarzer einen "Stern"-Artikel, in dem 374 Frauen die Abtreibung zugeben. Daraufhin startet eine Kampagne gegen den § 218, die als Genese der Neuen Frauenbewegung in Deutschland gesehen wird. Alice veröffentlicht ihr erstes Buch "Frauen gegen den § 218". 1971-1973 reist sie zwischen Deutschland und Frankreich hin und her. In Köln gründet sie mit anderen Frauen die "Aktion 218". 1973 Im Buch "Frauenarbeit-Frauenbefreiung" thematisiert sie die Probleme der weiblichen Gratisarbeit in der Familie und der Unterbezahlung im Beruf. 1974-1975 An der Universität Münster hält sie Vorlesungen über den "Stellenwert der Sexualität in der Emanzipation der Frau". Gemeinsam mit Berliner Frauenrechtlerinnen organisiert sie Demos gegen den § 218. 1975 Der "Frauenkalender" erscheint zum ersten Mal. Alice zieht nach Berlin in eine Frauen-WG, die zum Fixpunkt der Berliner Frauenszene wird. Im selben Jahr diskutiert sie im WDR mit Esther Vilar, Autorin des berüchtigten Buches "Der dressierte Mann" über die Geschlechterfrage. Seit diesem Fernsehauftritt gilt sie als Aushängeschild der Neuen Frauenbewegung. Sie gibt "Der kleine Unterschied und seine großen Folgen" heraus, in dem Frauen über Beziehungen, Sexualität und Arbeit sprechen. Das Buch erregt großes, teils sehr negatives, Aufsehen. Schwarzer selbst wird attackiert. 1976 gründet sie die "Alice Schwarzer Verlags-GmbH", die sie kurz darauf zur "Emma Frauenverlags-GmbH" umbenennt, deren einzige Gesellschafterin sie ist. 1977 gibt sie die autonom feministische Zeitschrift "Emma" mit dem Motto "von Frauen für Frauen" heraus. Dabei geht es ihr um "ein Stück anderen, aufklärerischen Journalismus". 1978 Die von Alice initiierte Sexismus-Klage gegen den "Stern" wird von Hamburger Gericht abgewiesen. 1982 gibt Alice "Sexualität. Ein Emma-Buch" heraus. 1983 tritt sie als Mitbegründerin des "Hamburger Instituts für Sozialforschung" sowie Initiatorin und Vorsitzende des "Frauen Media Turm – Das feministische Archiv und Dokumentationszentrum" in Köln in Erscheinung. Seit 1984 Mitglied des PEN-Club. 1985 leitet ihr Buch "Mit Leidenschaft" den für die 80er und 90er Jahre prägnanten Diskurs "Ist der Feminismus passé?" ein. Und antwortet: Mitnichten. Auch wenn viel erreicht wurde, Frauen hätten nichts geschenkt bekommen. Und die neuen Rechte und Freiheiten müssten täglich neu verteidigt werden. Ab 1987 Startet Schwarzer die berühmte "Anti-PorNO-Kampagne" in der Zeitschrift "Emma". Der nicht genehmigte Abdruck von Helmut Newton-Bildern im Jahr 1993 führt zu einem Gerichtsprozess zwischen Schwarzer und Newton. 1991 wird sie von der Stadt Wuppertal mit dem Von-der-Heydt-Preis als "Vorkämpferin der deutschen Frauenbewegung" ausgezeichnet. 1992 erhält sie die Kurt Neven DuMont-Medaille der westdeutschen Akademie für Kommunikation. 1993 moderiert sie im Hessischen Rundfunk die Talkshow "Zeil um Zehn". Außerdem gibt sie das Buch "Eine tödliche Liebe" heraus, das sich mit dem Mord an der Grünen Petra Kelly durch ihren Lebensgefährten Gert Bastian auseinandersetzt. 1995 fährt Alice auf einem speziell ihr gewidmeten Wagen im Kölner Rosenmontagszug mit. 1996 veröffentlicht sie die Biografie der "Zeit"-Herausgeberin Marion Dönhoff mit dem Titel "Ein widerständiges Leben". 1997 wird sie vom Deutschen Staatsbürgerinnen-Verband zur "Frau des Jahres" gewählt. 1998 publiziert sie die Biografie "Romy Schneider. Mythos und Leben". 1999 gibt sie das Buch "Simone de Beauvoir. Rebellin und Wegbereiterin" heraus. 2000 veröffentlicht sie "Der große Unterschied. Gegen die Spaltung von Menschen in Männer und Frauen". 2001 ist sie am Internationalen Frauentag Ehrengästin und Rednerin beim Ein-Jahres-Fest von die Standard.at. (Lemobiografie/dabu)