Inland
Regierung mit Behindertenpolitik zufrieden
Betroffene und Opposition sehen hingegen keinen Grund zum Feiern - Grüne Haidlmayr (Bild) prangert Methode des Freikaufens an
Wien - Sozialminister Herbert Haupt (F) sieht Konsens in der
heimischen Behindertenpolitik. Für nächstes Jahr kündigt er einen
Bericht zur "Lage von Menschen mit Behinderungen" an. Als besonders
positiv hoben er und ÖVP-Generalsekretärin Maria Rauch-Kallat am
Montag die "Behindertenmilliarde" hervor. Die Behindertensprecherin
der SPÖ, Christine Lapp, hingegen spricht von einer "zynischen
Politik", die zuständige Abgeordnete der Grünen, Theresia Haidlmayr,
kritisiert die - teure - Usance des Freikaufens der Länder von der
Einstellungspflicht für Behinderte.
Am heutigen Montag ist Europäischer Behindertentag. Damit soll das
Europäische Jahr der Menschen mit Behinderungen 2003 vorbereitet
werden. Haupt will die Bevölkerung verstärkt sensibilisieren. Unter
seiner Federführung werde die Bundesregierung einen Bericht zur "Lage
von Menschen mit Behinderungen" erstellen. Dieser solle 2002 zum
ersten Mal umfassend über die Behindertenpolitik informieren und
dabei alle Lebensbereiche umfassen. Der Bericht werde an den
Nationalrat gehen und soll alle fünf Jahre aktualisiert werden.
Ein weiterer Schwerpunkt bilde, so Haupt weiter, die
Beschäftigungsoffensive, die in Österreich als "Behindertenmilliarde"
hervorragende Ergebnisse bei der Integration von Menschen mit
Behinderung in den ersten Arbeitsmarkt vorweisen könne.
"Soziale Treffsicherheit" dränge Behinderte an den Rand der Gesellschaft
Daraufhin konterte die SPÖ, "von den Ambulanzgebühren bis zur
Besteuerung der Unfallrenten - unter den Slogans 'Soziale
Gerechtigkeit' und 'Treffsicherheit' würden behinderte Menschen zu
Gunsten einer dogmatischen Budgetpolitik 'an den Rand der
Gesellschaft gedrängt'". In den vergangenen zwei Jahren sei
Behindertenpolitik zunehmend zum Randbereich verkommen, "es wurden
Behinderten eine ganze Reihe von Belastungen aufgebürdet". Als
"besonders zynisch" wertete die SPÖ-Abgeordnete Lapp, dass "still und
heimlich" die "Probezeit" für die Anstellung behinderter Menschen von
drei auf sechs Monate verlängert wurde, da erst dann der besondere
Kündigungsschutz wirke.
"Traurig", reagierte Rauch-Kallat, die SPÖ versuche, entsprechende
Erfolge klein zu reden. Die Behindertenmilliarde sei ein "Meilenstein
in der Behindertenpolitik", der bisher noch keiner Regierung zuvor
gelungen sei. Die SPÖ sollte sich besser selbst an der Nase nehmen,
"schließlich müssten allein in der sozialistischen Bundeshauptstadt
Wien über 25 Prozent mehr Behinderte eingestellt werden."
Mit diesem Hinweis bezog sich die ÖVP-Politikerin auf ein
Interview Haidlmayrs für den heutigen "Kurier", wonach sich fast alle
Bundesländer - Ausnahmen sind Steiermark, Kärnten und Oberösterreich
- von der Einstellungspflicht frei kauften. Mehr als 65,7 Millionen
Schilling (4,77 Mio. EuroEuro) seien von den säumigen Ländern im Jahr
2000 an Ausgleichstaxe berappt worden. Haidlmayr: "Da heißt es immer,
die öffentliche Hand muss sparen. Diese Ausgabe könnten sich die
Länder leicht sparen." Österreich habe 40.000 arbeitslose Behinderte,
"wenn nicht einmal im öffentlichen Bereich die Einstellungspflicht
erfüllt wird, wie sollen wir die privaten Unternehmen dazu bringen,
Behinderte aufzunehmen?". (APA)