Den Haag - Vor dem UNO-Kriegsverbrechtertribunal in Den
Haag hat am Montag der erste Prozess über die Belagerung der
bosnischen Hauptstadt Sarajewo begonnen. Stanislav Galic, ehemaliger
Generalmajor der bosnisch-serbischen Armee, muss sich wegen gezielter
Angriffe auf die Zivilbevölkerung von Sarajewo verantworten. Seine
Einheit habe die Bewohner mehr als drei Jahre lang "in einen
dauerhaften Terrorzustand versetzt", betonte der Vertreter der
Anklage.
Galic war von 1992 bis 1994 Kommandant des "Sarajewo Romanija
Korps", das ab 1992 die Stadt von den umliegenden Hügeln aus mit
Artillerie und Scharfschützen ständig unter Beschuss gehalten habe.
"Es verfolgte eine militärische Strategie, um Zivilisten zu töten, zu
verstümmeln, zu verwunden und zu terrorisieren," heißt es in der
Anklage. Tausende von Bürgern seien getötet und verletzt worden.
Die Soldaten hätten direkt auf Menschen gezielt, "die Gemüse
anbauten, Brot kauften, Wasser holten, Beerdigungen besuchten, auf
dem Markt einkauften, in Straßenbahnen fuhren, Holz sammelten oder
einfach nur mit ihren Kindern oder Freunden spazieren gingen". Die
Anklage beschuldigt Galic der Verbrechen gegen die Menschlichkeit,
einschließlich Mord, und Verletzung des Kriegsrechts.
Der 58-jährige Galic war von SFOR-Truppen im Dezember 1999
festgenommen und dem Tribunal überstellt worden. Bei seiner ersten
Vorführung im Dezember 1999 hatte er sich in allen Punkten für
unschuldig erklärt. Außer Galic sind auch der Serbenführer Radovan
Karadzic und der serbische General Ratko Mladic wegen der Belagerung
von Sarajewo angeklagt. Beide sind noch flüchtig.(APA)