Wien - Friedensaktivisten mögen keine einfachen Fragen. Der israelische Premier Ariel Sharon habe gesagt, es gebe Alternativen zu Yassir Arafat? "Es gibt auch Alternativen zu Sharon", entgegnet Muhammed Darawshe, der Sprecher der israelischen Friedensorganisation Givat Haviva, "und die Israelis werden auch keinen maßgeschneiderten Palästinenserführer bekommen, der nur ihre Forderungen erfüllt."

Ein Friedensaktivist in Israel ist ein Mann, der Depressionen mit einer praktischen Weltsicht niederkämpfen will. "Dieser Beruf macht süchtig", sagt Danny Wieler, der Givat Haviva leitet, eine Art Campus für jüdische und arabische Schüler in Israel. Doch im selben Atemzug gesteht Wieler, ein Lehrer, der im Zentralkomitee der linksliberalen Merez-Partei sitzt: "Ich bin heute so weit weg von meinem Traum wie zu Beginn von Givat Haviva 1963."

Zwei Briefe erhielt seine Organisation an ein und demselben Tag vergangenen September: Die Unesco kündigte an, dass sie Givat Haviva den diesjährigen Friedenspreis verleihen wird; die israelische Erziehungsministerin, dass sie der Bildungsstätte keine finanzielle Unterstützung mehr gewährt. "Ein vielsagendes Symbol", stellte Wieler bei einem Pressegespräch in Wien am Montag fest.

Friedensarbeit ist schwer geworden

Es zeige den Wert der Arbeit von Givat Haviva, wo sich jüdische und israelisch-arabische Schüler in einem Klassenzimmer gegenübersitzen, freiwillig oder als Pflichtprogramm im Lehrplan ihrer Schule, in aller Regel lauthals streiten, am Ende eines dreitägigen Seminars aber mit mehr Verständnis für die Lebenssituation des anderen nach Hause gehen.

Die Kürzung der finanziellen Mittel zeigt ebenso, wie schwer diese Friedensarbeit geworden ist. Arafat hatte bald nach Ausbruch der Palästinenserrevolte im September 2000 jeden Kontakt zwischen palästinensischen und israelischen NGOs verboten. Doch Arafat wie Sharon trügen nun die Verantwortung für die Anschläge, sagt Darawshe, der Givat-Haviva-Sprecher. "Beide sind verantwortlich, weil sie nicht den Mut haben, sich an einen Tisch zu setzen und zu verhandeln. Sie tun ihre Arbeit nicht." (mab)

(DER STANDARD; Printausgabe, 4.12.2001)