EU
EU-Reformvorschläge stoßen auf wenig Widerstand
Konvent soll Direktwahl von EU-Kommissionspräsident und EU-Verfassung erörtern
Brüssel - Die umfassenden Vorschläge der belgischen
EU-Ratspräsidentschaft für eine Reform der Europäischen Union (EU)
scheinen vor dem EU-Gipfel von Laeken nur auf wenig Widerstand der
EU-Regierungen zu stoßen. "Vielleicht muss der Ton etwas gemäßigt
werden, aber niemand verlangt, dass die Vorschläge umgeschrieben
werden", hieß es in EU-Kreisen am Montag in Brüssel zu den Plänen des
belgischen Ministerpräsidenten und EU-Ratspräsidenten Guy Verhofstadt
für eine Erklärung des EU-Gipfels von Laeken.
Verhofstadt will dort in der kommenden Woche eine breite
Reformdebatte anstoßen. Die EU müsse demokratischer, effektiver und
transparenter werden, fordert er in dem Erklärungsentwurf, der auch
die Direktwahl des Präsidenten der EU-Kommission und eine
EU-Verfassung ins Spiel bringt.
Verhofstadt reist zur Zeit durch die EU-Hautpstädte, um den
Erklärungsentwurf für Laeken vorzustellen, wo die Staats- und
Regierungschefs der EU am 14. und 15. Dezember über die EU- Reform
beraten wollen. In seinem Entwurf stellt Verhofstadt in Frageform
Themen vor, die ein Konvent im kommenden Jahr behandeln soll. Dessen
Einrichtung soll in Laeken beschlossen werden, damit er Vorschläge
für die EU-Reform ausarbeiten kann. Neben einer Direktwahl des
EU-Kommissionspräsidenten und einer EU-Verfassung könnte das Gremium
Verhofstadts Dokument zufolge auch über eine Streichung des
nationalen Vetorechts in der EU beraten, um die Gemeinschaft auch
nach ihrer Erweiterung vor einer politischen Lähmung zu bewahren.
Zudem soll es auch eine Abgrenzung der Kompetenzen zwischen EU und
Mitgliedsländern erörtern. Der Konvent, der sich aus Abgeordneten des
Europäischen Parlaments und der nationalen Parlamente, Vertretern der
nationalen Regierungen und einem Gesandten der EU-Kommission sowie
einem Präsidenten zusammensetzen soll, soll seine Arbeit im kommenden
März aufnehmen und Vorschläge für die EU-Reform ausarbeiten, über die
die EU-Regierungen dann 2004 entscheiden wollen.
Ein Sprecher des britischen Premiers Tony Blair sagte nach den
Gesprächen mit Verhofstadt, die britische Regierung unterstütze die
Idee eines Konvents. Ein Sprecher des Londoner Außenamts sagte, die
Regierung unterstütze zwar nicht die Idee einer Direktwahl des
EU-Kommissionspräsidenten, habe aber nichts gegen die Debatte über
eine EU-Verfassung im Konvent. Bundeskanzler Gerhard Schröder hatte
bereits am Donnerstag nach Gesprächen mit Verhofstadt in Berlin
gesagt, er stimme in allen Punkten mit Verhofstadt überein. Auch die
finnische Regierung hat nach eigenen Angaben keine größeren Einwände
gegen das Dokument. Ein Sprecher des französischen Präsidenten
Jacques Chirac nannte es einen "sinnvollen Beginn" für eine Debatte
um die Zukunft Europas. In Diplomatenkreisen hieß es, mit Frankreich
gebe es nur kleinere Meinungsverschiedenheiten. So dürfe das Mandat
für die Reformkonferenz nicht zu eng formuliert werden.
(APA/Reuters)