Wien - Wer ein Unternehmen prüft, soll unabhängiger werden. Das ist das Hauptziel des so genannten Rotationsprinzips, das durch das Finanzmarktaufsichtsgesetz (FMAG) erstmals in Österreich eingeführt wird. Für das Unternehmen bedeutet dies, dass es sich in bestimmten Abständen neue Prüfer suchen muss. Das Finanzmarktaufsichtsgesetz bringt wesentliche Änderungen für Abschluss- und Bankprüfer. Neben einer deutlichen Verschärfung der Haftung wird ein neuer Ausschließungsgrund für die Prüfer eingeführt (§ 62 Ziffer 6a Bankwesengesetz - BWG - beziehungsweise § 271 Absatz 2 Ziff. 9 Handelsgesetzbuch). Danach darf nicht zum Prüfer bestellt werden, wer die Gesellschaft oder das Kreditinstitut bereits in den vorhergehenden sechs Geschäftsjahren geprüft oder - im Falle einer Prüfungsgesellschaft - den Bestätigungsvermerk unterzeichnet hat. Dieser Ausschließungsgrund verwirklicht in Österreich erstmalig das so genannte "Rotationsprinzip" und soll nach der erklärten Absicht des Gesetzgebers die wirtschaftliche Unabhängigkeit und Unbefangenheit des Prüfers und damit zugleich die Qualität der Prüfungshandlungen absichern. Das Rotationsprinzip tritt mit 1. Jänner 2002 in Kraft. Aufgrund einer Übergangsbestimmung ist es jedoch erstmals in jenem Geschäftsjahr anzuwenden, das nach dem 31. Dezember 2003 beginnt. In dem verbleibenden Zeitraum von rund zweieinhalb Jahren können Prüfer und Gesellschaften vorgreifend auf die dann verpflichtende Rotation einen Wechsel vornehmen, sodass bei der Prüfung der Jahresabschlüsse für das Geschäftsjahr 2004 nicht eine zu große Zahl an neu zu prüfenden Gesellschaften bewältigt werden muss. Bisher oft Probleme Alarmiert durch die in der Vergangenheit gehäuft aufgetretenen Probleme im Prüfungsbereich (zuletzt etwa die Klage der Bank Burgenland gegen einige Bankprüfer, DER STANDARD berichtete), hat sich der Gesetzgeber bei der Formulierung des neuen Ausschließungsgrundes nicht mit einem bloßen Wechsel des verantwortlichen Prüfungsleiters beziehungsweise des Prüfungsteams innerhalb einer Prüfungsgesellschaft begnügt (so genannte "interne Rotation"). Vielmehr hat er einen turnusmäßigen Wechsel des Prüfers beziehungsweise der Prüfungsgesellschaft selbst vorgeschrieben ("externe Rotation"). Um bloß "formelle Rotationen" innerhalb eines Prüfungskonzerns auszuschließen, sind darüber hinausgehend natürliche Personen selbst dann von einer weiteren Prüfung der Gesellschaft ausgeschlossen, wenn sie in sechs aufeinander folgenden Geschäftsjahren den Bestätigungsvermerk unterzeichnet haben und in der Folge ihren Arbeitgeber wechseln. Strenge Regeln Ob der Gesetzgeber mit diesen im internationalen Vergleich sehr strengen Regeln die beabsichtigte Verbesserung der Prüfungsqualität erreichen kann, ist aufgrund der Erfahrungen anderer Länder mit der Einführung dieses Prinzips aber fraglich. So ist beispielsweise Kanada, wo man im Bankenbereich bis zu einer Gesetzänderung im Jahre 1991 einen obligatorischen Prüferwechsel verbunden mit so genannten "Joint Audits" kannte, aus Kostengründen von diesem System wieder abgekommen. In Spanien wurde die externe Rotation, nachdem sie einige Jahre lang in Kraft gewesen war, im Jahr 1995 als offenbar untauglich wieder abgeschafft. In Italien, wo eine entsprechende Regelung zurzeit noch in Kraft ist, bestehen ebenfalls Bestrebungen, diese wieder abzuschaffen. Auch ein Blick auf die als qualitativ hochwertig und streng geltenden Prüfungsregeln US-GAAP, die ebenso wenig wie die International Accounting Standards (IAS) oder das deutsche Recht (§ 319 HGB) eine externe Rotation kennen, rundet den negativen empirischen Befund ab. Die mit einem verpflichtenden turnusmäßigen Wechsel des Prüfers verbundenen Probleme wurden auch durch eine Studie des American Institute of Certified Public Accountants aus dem Jahr 1992 belegt. Erst- und Zweitprüfung verursachen danach dreimal so häufig Haftungsfälle aufgrund von Prüfungsfehlern. Zudem hatte eine beträchtliche Anzahl von Unternehmen, bei denen Betrugsfälle vorkamen, erst kurz zuvor den Prüfer gewechselt. Man darf also gespannt sein, wie sich das Rotationsprinzip in der österreichischen Praxis bewähren wird. (DER STANDARD, Printausgabe 4.12.2001)