So ungerecht geht es zu in dieser Welt! Vorige Woche hat die "Kronen Zeitung" den Hans Kronberger-Umweltjournalistenpreis ohne jedes Anzeichen von Reue entgegengenommen. Die sinistre Ehrung ist nach dem freiheitlichen EU-Abgeordneten benannt, der die Verleihung auch mit profunden Argumenten zu begründen wusste: "Die ,Kronen Zeitung' ist europaweit die einzige Zeitung, die sich eine konsequente Umweltberichterstattung leistet. Österreichs Umwelt stünde ohne die ,Krone' armselig dar"! So steht es da: dar.

Für solches Lob war der Herausgeber des Blattes sogar bereit, höchstpersönlich mit dem Stifter und Bundesministerin Monika Forstinger, die an der Armseligkeit von Österreichs politischer Umwelt trotz Unterstützung durch die "Krone" auch nichts ändert, für ein Foto zu posieren.

Damit hatte es sich auch schon. Zu der einzig richtigen Dankesgeste konnte er sich noch nicht aufraffen: Es wäre höchste Zeit, Karl-Heinz Grasser endlich den "Maggie Entenfeller-Hundepatenpreis" zu überreichen. Den hat er sich verdient, nicht nur für die Inserate, mit denen er aus Steuermitteln eine Art Patenschaft für die "Krone" übernimmt, sondern auch dafür, dass er, der zu bresthaft ist, seinen Wehrdienst für die Heimat des Nulldefizits abzuleisten, kürzlich die von Hans Dichand gebotene Gelegenheit eines Coming outs als rüstiger Stephansturmkletterer nutzte. Bisher dachte man, die Untauglichkeit beziehe sich lediglich auf sein Wirken als Finanzminister.

Preiswürdig ist indes nicht nur die Umwelt-, sondern auch die Theaterberichterstattung des Blattes, wie man am Beispiel diverser Referate über Kurt Palms Inszenierung des "Weißen Rössls" sehen konnte. Da schrieb am 27. November Andreas Mölzer in der Charaktermaske eines Kunstkritikers unter anderem: Der Kunstform Operette bleibt auch nichts erspart . . . Bei der Rolle des Grazer "Weißen Rößls" muss man schon glücklich sein, dass Regisseur Kurt Palm nicht Hermes Phettberg als Siegismund auf die Bühne holte und das Salzkammergut nicht auf das Nürnberger Reichsparteitags-Gelände verlegt wird. . . . Der politische und sozialkritische Ansatz in der Grazer Inszenierung ist fragwürdig. . . Damit aber zeigt sich, dass Kurt Palm nicht nur eine künstlerisch verhunzte Operette auf die Bühne gestellt hat, sondern dass er auch im Bereich der politischen Absichten seiner Inszenierung völlig daneben liegt. Ein missglückter Versuch also - und eigentlich eine Frechheit gegenüber dem Publikum und dem Steuerzahler. Aber dies und Ähnliches sind wir ja seit Jahrzehnten im Bereich des Theaters gewöhnt.

Vier Tage nach dieser Verdammung legte Redakteur Kurt Seinitz - der politische und sozialkritische Ansatz seiner internationalen Inszenierungen ist fragwürdig - ein Schäuferl drauf. Auf Vergewaltigung und Leichenschändung ist ein Strafrahmen bis zu 15 Jahren festgesetzt. Dies gilt natürlich nicht für die Kunst. Werke der Kunst dürfen heute von abwegigen Regisseuren straffrei verhunzt werden, falls sich der Autor nicht mehr wehren kann, weil er tot ist. Dieses Schicksal ereilte jetzt auch die Operette "Im weißen Rössl", wo ein tölpelhafter Lederhosen-Hitler auftritt (übrigens eine Verharmlosung des Nationalsozialismus) und auch mit anderem "Antifa"-Quargel nicht gespart wird . . . Was Osama bin Laden mit der Religion aufführt, darf auf dem Feld der Kunst keine Nachahmung finden!

Verschlungen sind die Wege der Erkenntnis. Ein Kurt Seinitz muss die Welt lehren, dass Andreas Mölzer ein relativ kultivierter Mensch und Kurt Palm ein Verharmloser des Nationalsozialismus ist! Doch wer fällt Seinitz dabei in den Arm? Ausgerechnet die Grazer Redaktion der "Kronen Zeitung". In der dortigen Ausgabe hatte sich nämlich einen Tag vor Mölzers luzidem Verriss Redakteur Bernd Schmidt den Ausrutscher geleistet, die Inszenierung für gut gelungen zu befinden.

Die Geschichte ist also ziemlich gegen den Strich gekämmt. Was ihr gut tut. . . Auch in der alterstechnischen Besetzung weicht die kluge, stets geschickt Pointe setzende Inszenierung vom herkömmlichen "Rössl"-Klischee ab. . . Das auf eineinhalb Stunden Dauer reduzierte Werk gleicht insgesamt einem kräftigen Extrakt aus Witz und Zeitkritik. Von einer gelungenen Produktion und viel Applaus ist ferner die Rede.

Nun ist nicht einzusehen, warum es in der Theaterrubrik der "Kronen Zeitung" anders zugehen sollte als im politischen Teil, wenn dort etwa über den Semmering-Tunnel berichtet wird. Da führt den Schreibern jeweils der genius loci die Feder, und der ist in den meisten Fällen mit dem ökonomischen Genie des Herausgebers identisch, ob in Wien oder Graz.

Und in Linz. Dort nämlich ist die "Kronen Zeitung" der Hauptsponsor der Dreigroschenoper - inszeniert von demselben Kurt Palm, der sich eben in Graz der Verharmlosung des Nationalsozialismus, der Vergewaltigung und Leichenschändung, ja sogar eines künstlerischen Osama bin Laden-Diebstahls schuldig gemacht hat.

Die Premiere ist am 20. Jänner 2002, das Logo der "Krone" wird auf allen Plakaten und Postkarten erscheinen. Ob Kurt Palm den Mackie Messer diesmal vielleicht mit Hermes Phettberg besetzt? Oder doch lieber Cato in der Rolle des alten Peachum? Wenn der als Bettlerkönig "Wach auf, du verrotteter Christ" anstimmt und dabei seinen Hund streichelt, sperren die Tschechen Temelín auf der Stelle zu, zermalmt von einer moralischen Autorität, an der selbst ein Schwejk nur scheitern könnte.