Jennifer Miller, "the woman with the beard", war letzte Woche mit ihrer Vorstellung "Morphadyke Madness" im Wiener Kosmos Frauenraum zu Besuch. Ihre einstündige One-Woman-Show hinterließ staunende Gesichter. Mit fünf Bällen zu jonglieren oder mit einigen Hula-Reifen zu tanzen, während sie eine Rede über Ethnographie und Repräsentation hält; mit Feuer zu spielen und Macheten wie nichts durch die Luft zu werfen; das alles stellt die New Yorker Direktorin des Zirkus Amok mit einer bewundernswerten Leichtigkeit zur Schau. Mehr Faszination als ihre Show löste jedoch zunächst die Tatsache aus, dass sie als Frau einen Bart trägt, den sie stolz präsentiert. "Hair is power" Eine Frau mit Bart? Wie ist das? Ist der echt? Ja, er ist echt. Ja, ich bin eine Frau, nimmt sie Fragen vorweg. Während ihrer Show erzählt Jennifer Miller von ihrem Leben und ihrem Verhältnis zu Haaren: "Hair is power." Warum sollen nur Männern Haare im Gesicht gestattet sein? "Does not any woman have the potential to have a beard?", fragt sie das Publikum. Ja, aber die meisten bevorzugen die Haare auszuzupfen und auszureißen, sich zu rasieren oder Haare mit allen möglichen Methoden zu entfernen. Miller war dies leid und so wuchs ihr ein Bart. Ganz einfach. Und die Show geht weiter. Sie befreit sich in kürzester Zeit aus einer Zwangsjacke: "the jacket to make me straight" – Gelächter. Wir sind unter uns, freut sich die Künstlerin. Bei der rasanten Performance zerschlägt Miller eine Glühbirne, nimmt eine Glasscherbe und beginnt sie zu zerkauen; es knackt im Mikrophon, während die Künstlerin unbeeindruckt weiter redet. Das Publikum schaudert. Es geht weiter: Beim Spiel mit einem "Kirsch-Ball", der schwerelos durch die Lüfte schwirrt, erzählt sie durch die Blume vom Masturbieren – in Anspielung auf Janet Winterson ("The Sex of the Cherry"). Immer wieder erfreut sie das Publikum mit subtilen Anspielungen. Sie alle zu erfassen, war nicht drin. Drin war vielmehr, eine andere Welt kennenzulernen und einen schwerelosen Umgang mit sich und der Umwelt. So verließen die Zuschauenden denn auch den Frauenraum: verzaubert und berührt. (aus)