So widerstandsfreudig war man in Österreich seit Andreas Hofers Zeiten selten. Für den heimischen Anleger scheint es, als wäre die Telekom Austria unterm Strich auf der Stelle getreten. Da tut man ihr Unrecht. Im Vergleich zu den anderen Ex-Monopolisten Europas verdient sie einen Tapferkeits-Orden. Der Kurs der Deutschen Telekom etwa hat sich seit dem Börsegang des österreichischen Gegenstücks halbiert. Fantasie Zuletzt beflügelte die Hoffnung auf eine Übernahmeschlacht den Kurs der Telekom Austria. Die Telecom Italia will sich von den Beteiligungen am Konzern und dessen Tochter Mobilkom trennen. Das geht vorläufig nur mit Zustimmung des Hauptaktionärs, der Regierungsholding ÖIAG, die zum Verkauf bereit scheint. Nach österreichischem Recht wäre dann ein Pflichtangebot an die Minderheitsaktionäre fällig. Am Festnetz sind neben der Deutschen Telekom vor allem Beteiligungsgesellschaften interessiert. Die sicheren Cash-Flows aus Telefongebühren ziehen Finanz-Alchemisten magisch an, wie die Versteigerung der irischen Eircom gezeigt hat. Das Zauberwort heißt „Securitization“. Dabei werden die Rechte an zukünftigen Forderungen - zum Beispiel Telefonrechnungen - verkauft. Sind diese Einnahmen stabil, kann man für die besicherten Papiere weit bessere Preise erzielen als etwa für unbesicherte Unternehmensanleihen. Einer Beteiligungsgesellschaft, die den Kauf der Telekom Austria auf Pump finanziert, winken Arbitragegewinne. Die Telekom wäre dann noch höher verschuldet - was ebenfalls im Sinne der Investoren ist, weil es den Druck auf Einsparungen im operativen Geschäft erhöht. Wenn dann kräftig abgespeckt wird, verwandeln sich die Kupferkabel tatsächlich in Gold. Der Beamtenstatus, den die Mehrheit der Telekombediensteten noch immer genießt, würde das erschweren, aber wohl mittelfristig nicht verhindern. Trotz der jüngsten Sparmaßnahmen dürfte die Telekom Austria im Festnetz weiter zehn Prozent weniger Umsatz pro Mitarbeiter liefern als die nicht gerade schlanke Deutschen Telekom. Falls es wie bei Eircom zu einer Versteigerung kommt, scheint das Sechsfache des Gewinns vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) erzielbar. Das ergibt fürs Festnetz, inklusive Datendiensten und Internetzugang, eine Bewertung von gut 5 Mrd. Euro. Vier Milliarden Euro Für das Mobilfunkgeschäft wären zusätzlich 4 Mrd. Euro angemessen, der neunfache anteilige Ebitda. Das wäre ein Aufschlag gegenüber den meisten Mobilfunkern aus kleinen Ländern, wie etwa der griechischen Panafon, der portugiesische Telecel, oder der belgischen Mobistar. Der höhere Preis scheint gerechtfertigt, da am reifen österreichischen Markt die Datendienste besonders enthusiastisch genutzt werden und die Hoffnungsmärkte Kroatien und Slowenien Wachstumspotential bieten. Aber 4 Mrd. Euro sind wohl das Ende der Fahnenstange. Klar kommen die großen Betreiber auf höhere Bewertungen. Der Unternehmenswert des Weltmarktführers Vodafone etwa liegt beim 18 fachen laufenden Ebitda. Wer für die Mobilkom auf ähnliche Multiplikatoren hofft, hat indes verschlafen, dass Österreich keine Großmacht mehr ist. Das mobile Internet wird allenfalls für die größten Anbieter profitabel, die ihre Dienste und Inhalte für Millionen Kunden in ganz Europa entwickeln oder zukaufen. Dazu kommt, dass vielen möglichen Interessenten an der Mobilkom das nötige Kleingeld fehlt, weil sie wie die Telecom Italia unter Schuldenbergen stöhnen. Von den üblichen Verdächtigen wird die Deutschen Telekom ausfallen, weil ihr mit max.mobil bereits die österreichische Nummer zwei gehört. Übrig dürften Orange und Vodafone bleiben, allenfalls noch Swisscom. Von denen braucht keiner eine starke Position am österreichischen Mobilfunkmarkt unbedingt. Insgesamt ist die Summe der Telekom Austria-Einzelteile derzeit höchstens 9 Mrd. Euro wert. Das ist gerade mal 15 Prozent mehr als der aktuelle Unternehmenswert von 7,9 Mrd. Euro (Marktkapitalisierung von 4,6 Mrd. Euro plus Nettoverschuldung von 3,3 Mrd. Euro). Dürftiges Potenzial Das dürftige Potenzial setzt, aus der Sicht von Kleinanlegern, die Gutmütigkeit der Großaktionäre ÖIAG und Telecom Italia voraus. Denn die Telekom Austria-Satzung schließt beim Pflichtangebot einen Abschlag von bis zu 15 Prozent nicht aus. Ein Abschlag, oder noch schlimmer, eine Umgehung des Übernahmerechts, würde dem Finanzplatz Österreich massiv schaden. Beides wird von ausländischen Fondmanagern bereits befürchtet. Davon abgesehen ist keineswegs gesagt, dass der Verkauf zu Bestpreisen zügig gelingt. Schließlich hat die Regierung schon den Börsengang zum ungünstigsten Zeitpunkt durchgezogen - nach der Telekom-Euphorie und vor der Firmensanierung. Diesmal könnte sie wieder Wert vernichten, etwa indem sie Finanzinvestoren verscheucht, noch bevor die Versteigerung richtig begonnen hat. Sogar für Zocker, die unbedingt auf UMTS setzen wollen, gibt es jenseits der Landesgrenze attraktivere Wetten, beispielsweise die britische mm02. Spätestens nach dem jüngsten Kursplus würde wohl selbst Andreas Hofer den taktischen Rückzug empfehlen: "Mander es isch Zeit!"