Reiche zur Kasse bitten, das klingt gut. Finden zumindest FPÖ und SPÖ, die in seltener Einigkeit fordern, die Höchstbeitragsgrundlage für Besserverdienende aufzuheben. Damit die Reichen mehr für ihre Gesundheit zahlen müssen und so die kranken Kassen sanieren helfen. Hört sich solidarisch-gerecht an, hat aber - wie viele einfach-populistische Forderungen - ein paar Haken.

Der erste: Die Reichen zahlen schon jetzt. Kaum ein Bereich des Sozialsystems hat einen so hohen Umverteilungseffekt wie die Krankenversicherung - kostet sie doch Menschen mit einem Einkommen nahe der Höchstbeitragsgrundlage zehnmal so viel wie Menschen mit geringeren Einkünften.

Daraus folgt der zweite Haken: Wenn diese Schere vergrößert wird, wenn Besserverdienende für die gleiche Leistung das noch größere Vielfache zahlen, bröckelt der Solidargedanke - und wird durch Absprungtendenzen ersetzt. In Deutschland sind Höchstverdiener aus der allgemeinen Kasse herausgenommen. Will man das wirklich erreichen - eine Kasse für Besserverdienende, womöglich mit besseren Leistungen? Um Sonderklassen zu vermeiden, ist das Sozialsystem darauf angelegt, zwar umzuverteilen, aber auch Gutverdienende profitieren zu lassen. Deshalb gibt es auch im Steuerrecht Höchstgrenzen.

Der dritte Haken ist die Definition von "reich". Wer dafür die Höchstbeitragsgrundlage nimmt, erklärt vor allem ASVG-Versicherte mit Fixeinkommen für "reich" - da etwa Bauern mangels fixem Gehalt kaum diese Grenze erreichen. Damit würde der Beitrag von ASVG-Versicherten in die Krankenversicherung proportional weiter ansteigen - obwohl sie schon jetzt die Defizite der Bauernkrankenkasse ausgleichen müssen.

Und das soll gerecht sein? (DER STANDARD, Print- Ausgabe, 5.12.2001)