Wien - Die Umweltschutzorganisationen WWF und Greenpeace sowie die Entschuldungsinitiative "Erlaßjahr 2000" fordern von Finanzministerium und Kontrollbank, Informationen über ökologisch oder sozial bedenkliche Investitionsprojekte heimischer Firmen im Ausland. Nicht einmal das Parlament erhalte Berichte über konkrete Einzelvorhaben von Konzernen wie der VA Tech, obwohl etwa deren Beteiligung an kritischen Staudammprojekten in der Türkei über die Kontrollbank mit Steuergeldern besichert werde. Es herrsche "völlige Intransparenz" in einem extrem sensiblen Bereich des Umganges mit öffentlichen Mitteln. "Die Kontrollbank ist nicht irgendeine Privatbank, sondern arbeitet mit Steuergeldern. Firmengeheimnisse werden über das öffentliche Informationsinteresse gestellt. Und es werden Projekte in Afrika, Asien oder Lateinamerika gefördert, die etwa den Zielen der Entwicklungshilfe zuwider laufen", sagt WWF-Expertin Corinna Milborn. In Deutschland und der Schweiz sei die Einbindung der Nichtregierungsorganisationen (NGOs) in Entscheidungsprozesse der Exportversicherungsagenturen erfolgt. Auch in den USA würden sehr viele Informationen über derartige Projekte im Internet veröffentlicht. Strenge Sozial- und Umweltverfahren Bernhard Drumel, Geschäftsführer von Greenpeace Österreich, fordert in diesem Zusammenhang "strenge Sozial- und Umweltprüfverfahren" für Projekte wie die "katastrophalen Zellstofffabriken" in Indonesien. Bisher müssten heimische Exporteure nur einen "No-na-Wisch" ausfüllen und bei der Kontrollbank einreichen. "Wir wollen zumindest ein Mitspracherecht im erweiterten Kontrollbank-Beirat für Projekte über zehn Millionen Schilling", so Drumel. Kontrollbankchef Rudolf Scholten reagiert auf die Kritik beschränkt dialogbereit. "Die Anliegen der NGOs sind bis zu einem gewissen Maß gerechtfertigt. Aber für uns müssen klarerweise die berechtigten Wünsche und Interessen der betrieblichen Geheimhaltung Vorrang haben." Scholten hält einen Ausweg für denkbar, der in der "freiwilligen Veröffentlichung" von Projektdetails seitens der Firmen liegen könnte. "Die Exportversicherer sind aber kein Exklusivhebel, die Welt zu verbessern. Dafür ist der Hebel viel zu schwach", so Scholten. Die NGOs sehen das anders: Das Finanzierungsvolumen der weltweiten Exportkreditversicherer liege bereits bei 426 Mrd. Dollar und übersteige klar die Mittel staatlicher Entwicklungshilfeprogramme. Über den Tisch der Oesterreichischen Kontrollbank liefen sieben Prozent aller heimischen Exporte, aber 67 Prozent der Ausfuhren in nicht EU- oder OECD-Staaten. (Michael Bachner, DER STANDARD, Printausgabe 6.12.2001)