Val d'Isere - "Erstmals in meinem Leben hatte ich beim
Skifahren Angst!" Hans Knauß ist seit zehn Jahren im Weltcup und ganz
sicher alles andere als ein Angsthase. Aber zehn Monate
Verletzungs-Pause haben ihre Spuren beim 30-jährigen Steirer
hinterlassen, die Gewöhnung an 130 km/h auf Abfahrtsski war in Val
d'Isere alles andere als einfach.
Komplizierte Knieprobleme errzwangen Pause
Knauß ist einerseits eine Ausnahme, weil er durch seine
komplizierten Knieprobleme extrem lange vom Rennlauf weg war. Dass er
überhaupt wieder dabei ist, grenzt an ein Wunder und ist einer
mutigen Therapie zu verdanken, mit der der Schladminger seinen
"schwammgroßen" Knorpel wieder ins Lot gebracht hat. "Ich habe in den
Schmerz hinein trainiert und versucht, ihn hinaus zu schieben",
erzählt Knauß. Irgendwann begann der Knorpel wieder normal zu
arbeiten, jetzt kämpft er um sein Comeback. In Abfahrt und Super G
hat er noch Fixplätze, im Riesentorlauf nicht mehr.
"Mit dieser Erkenntnis eh spät dran"
Vielleicht ist Knauß deshalb wirklich eine Ausnahme wenn er sagt,
"dass ich bisher nicht wusste, was Angst ist." Aber im Lager der
ÖSV-Abfahrer ist man nach den Verletzungen von Hannes Trinkl, Werner
Franz usw. doch insgesamt etwas nachdenklich geworden. "Mit dieser
Erkenntnis ist er eh spät dran", hatte der selbst bereits mehrmals
schwer gestürzte Andreas Schifferer Verständnis für Knauß.
"Es ist immer einer von uns"
Für Schifferer macht es keinen großen Unterschied, ob sich einer
aus dem eigenen Team oder ein Kollege aus dem Ausland verletzt. "Es
ist immer einer von uns und es kommen immer alte Erinnerungen an
deine eigenen Stürze hoch." Hilfe gibt es dabei nicht wirklich.
"Ausmachen", so der Salzburger, "musst du das aber mit dir selbst, da
hilft kein Psychologe."
"Den eigenen Arsch retten"
Gefühle oder Mitleid mit anderen bringen nichts. Schifferer: "Vor
dem Start zu meiner ersten Europacup-Abfahrt ist sechs Mal der
Helikopter mit Verletzten aufgestiegen. Du kannst nur noch versuchen,
deinen eigenen Arsch zu retten. Wenn du dich hängen lässt, wird's
lebensgefährlich." Deshalb sei die Angst sogar ein natürlicher
Schutz, "sonst gehst über dein persönliches Limit."
Ein legendärer Rohdiamant
Das weiß auch Abfahrts-Chef Robert Trenkwalder, der deshalb
speziell die jungen Läufer immer wieder einbremst. Wie den
21-jährigen Steirer Klaus Kröll, dessen Mut und Angriffslust bereits
legendär sind. "Er ist ein Rohdiamant", so Trenkwalder über seine
"steirische Natur-Eiche". Ein ÖSV-Fahrer bezahlte den Schnupperkurs
in Val d'Isere bereits mit blauen Flecken. Christoph Alster stürzte
im ersten Training so schwer auf die Hüfte, dass er auf die
restlichen Läufe verzichtete. Er fährt nur den Super G. (APA)