International
NATO-Außenminister erörtern Kooperation mit EU und Russland
Nach Einlenken der Türkei Fortschritte bei EU-Eingreiftruppe in Sicht
Brüssel - Die NATO-Außenminister kommen am
Donnerstag und Freitag in Brüssel zusammen, um über die Folgen der
Anschläge des 11. September und die Kooperation der Allianz mit der
EU und Russland zu beraten. In NATO-Kreisen hieß es vor dem Treffen
mit Blick auf die Lage in Afghanistan, ein direktes militärisches
Engagement der NATO zeichne sich aber weiter nicht ab. Auch sei es
fraglich, ob die NATO eine Rolle bei humanitären Operationen spielen
werden. Zwar sei das Bündnis dazu prinzipiell bereit, doch gäbe es
bisher keine Anfragen von Hilfsorganisationen wie dem UNHCR.
Der Streit mit dem NATO-Mitglied Türkei um einen Zugriff der EU
auf militärische Kapazitäten der NATO scheint dagegen beigelegt. Auch
die Zusammenarbeit mit Russland soll ausgebaut werden. Die Türkei
hatte für lange Zeit einen Zugriff der EU auf Planungskapazitäten der
NATO blockiert, die die Union für ihre geplante Eingreiftruppe
benötigt. Diese soll vom Jahr 2003 an mit rund 60.000 Soldaten in der
Lage sein, Krisengebiete über einen Zeitraum von bis zu einem Jahr zu
befrieden.
Für die Einsätze will die EU aber unter anderem auf
Planungskapazitäten der NATO zurückgreifen, um diese kostspieligen
Einrichtungen nicht selbst aufbauen zu müssen und Ängsten
vorzubeugen, die Europäer könnten sich durch den Aufbau einer eigenen
Truppe von den USA abkoppeln. Die Türkei, die nicht Mitglied der EU
ist, hatte den EU-Zugriff in der Vergangenheit aber vehement
abgelehnt.
In der kommenden Woche will die EU aber ihre Einsatzgruppe beim
EU-Gipfel von Laeken für begrenzt einsatzfähig erklären. Die
Regierung in Ankara lenkte nun vor dem NATO-Treffen und dem EU-Gipfel
auf Vermittlung der USA und Großbritanniens ein. Der
Kompromissvorschlag, über den die EU-Außenminister am kommenden
Montag beraten wollen, sieht vor, dass die Türkei bei Einsätzen der
EU-Truppe in ihrer Sicherheitssphäre ein Mitspracherecht erhält. Die
Regierung in Ankara hatte gefürchtet, dass die EU-Soldaten auf Zypern
und in der Ägäis, wo das Land Gebietsstreitigkeiten mit Griechenland
hat, eingesetzt werden könnte. NATO-Diplomaten erwarteten, dass auch
die Regierung in Athen dem Vorschlag zustimmen werde. Auch Frankreich
habe offenbar keine Probleme mit der Lösung, hieß es.
Überdies wollen die Außenminister über engere Beziehungen mit
Russland beraten. Derzeit verhandeln die 19 NATO-Länder mit Russland
im NATO-Russland-Rat über aktuelle Sicherheitsfragen. Der britische
Premier Tony Blair hatte vorgeschlagen, den Rat in ein Gremium
umzuwandeln, in dem alle 20 Länder gleiche Rechte hätten. In
NATO-Kreisen hieß es indessen, solche raschen Schritte seien eher
unwahrscheinlich. Zudem sei es auch unklar, ob Russland Blairs
Vorschlag unterstützen werde.
Die NATO-Außenminister wollen am Freitag mit ihrem russischen
Amtskollegen Igor Iwanow zusammenkommen. NATO-Generalsekretär George
Robertson sagte vor dem Treffen, die Beziehungen der NATO zu Russland
müssten auf eine "neue Basis" gestellt werden. "Es wäre eine
Tragödie, die Chance zu verpassen, Russland enger einzubinden",
betonte Robertson. (APA/Reuters)