Das Bier war schuld. Wegen einer geplanten Steuererhöhung, die den Gerstensaft beim Wirt um einige Pfennige teurer gemacht hätte, stritten sich Grüne und FDP so ausdauernd, dass die Koalitionsgespräche für eine Berliner Stadtregierung platzten. Die Roten unter dem regierenden SPD-Bürgermeister Klaus Wowereit sahen den Querelen der Kleinparteien untätig zu und warteten, bis es endgültig krachte. Die Berliner SPD hatte ohnehin nur wegen des nachhaltigen Drucks von Gerhard Schröder mit Grünen und Liberalen über eine Ampelkoalition verhandelt, der Bundeskanzler wollte partout jedes Bündnis mit der postkommunistischen PDS vermeiden.

Nun hat sich das Kapitel Ampelkoalition - die FDP verwendet Gelb als Parteifarbe - von selbst erledigt, ein kompletter Ampelausfall sozusagen. Und niemand braucht darüber unglücklich zu sein. Schon die Koalitionsverhandlungen zeigten, dass man eher das sprichwörtliche Kamel durchs Nadelöhr zwängen als deutsche Grüne und Liberale zur gedeihlichen Zusammenarbeit bewegen kann. Diese Ampelkoalition wäre ein sich selbst lähmendes Konstrukt geblieben, zu groß sind die programmatischen Differenzen zwischen Grünen und Liberalen.

Jetzt steht Berlin eine rot-rote Regierung ins Haus, nach Mecklenburg-Vorpommern das zweite Bündnis zwischen Sozialdemokraten und Sozialisten auf deutscher Länderebene. Es wäre auch unverständlich, würden die umgeschminkten Postkommunisten nicht an der Berliner Regierung beteiligt, immerhin haben sie jedes zweite Direktmandat gewonnen und im Ostteil der Stadt die absolute Mehrheit erhalten. Trotzdem: Auch diese aus Not und Elend geborene Koalition ist kein Reformbündnis, wie es die Stadt dringend bräuchte. Es wird der PDS wahrscheinlich ähnlich ergehen wie der FPÖ: Auf dem Prüfstand der Realpolitik werden den Postkommunisten die Flausen des Populismus ausgetrieben werden. Und das ist gut so. (DER STANDARD, Printausgabe, 6.12.2001)