"Man muss keine neuen, nie gesehenen Bilder suchen, aber man muss die vorhandenen Bilder in einer Weise bearbeiten, dass sie neu werden", meint Harun Farocki, der sogar einmal erwog, die produzierten Bilder der Musiksender MTV und VIVA zu "bearbeiten". Harun Farocki, Jahrgang 1944, Filmemacher und bedeutender Vertreter des deutschen Essayfilms arbeitet überwiegend mit "Found footage" – bereits vorgefundenem Filmmaterial.
Foto: Generali Foundation, W. Kaligofsky
Montage und Kompositon von Vorgefundenem Farocki kann auf eine beachtliche Zahl von Filmen verschiedenster Genres (seit 1966 mehr als 80 Produktionen) mit zumeist sozialen oder politischen Themen zurückblicken. Kritische und kompromisslose Analyse von vorhandenem fotografischen und filmischen Bildmaterial zeichnet sein Werk aus. Mit Hilfe der Montage, Komposition und Neuordnung dieses gefundenen Materials produziert Farocki neue Inhalte: "Mein Weg ist es, nach verschüttetem Sinn zu suchen und den Schutt, der auf den Bildern liegt, wegzuräumen." "Man muss gegen Bilder ebenso misstrauisch sein wie gegen Wörter" In letzter Zeit sind Harun Farockis Filme verstärkt in Kunstausstellungen zu finden. Dazu gehören vor allem die beiden Filminstallationen "Schnittstelle A+B" (1995) und "Ich glaubte Gefangene zu sehen" (2001). Durch die veränderten Bedingungen der Installation werden nun neue Bildanordnungen möglich: Denn anstatt die Videofilme in einem dunklen Saal auf eine Leinwand zu werfen, sind sie nun nonstop als Doppelprojektion im offenen Ausstellungsraum zu sehen. Farocki "zwingt" den/die BesucherIn, eine Wahl zwischen zwei möglichen projizierten Bildfolgen zu treffen und ändert somit die Art der Betrachtung. Gefängnis und Supermarkt Das Ausgangsmaterial zu "Ich glaubte Gefangene zu sehen" sind Aufnahmen aus Überwachungskameras eines amerikanischen Gefängnisses und von Supermärkten. Zusammen mit Textbausteinen hat Farocki die Bilder zu einer eindringlichen Endlosschleifen-Collage verbunden. Für diese "analytische und panoptische Vision" erhielt Farocki heuer den Medienkunstpreis 2001 des "European Media Art Festival" . (red/kafe)