Europa
Italien: Berlusconi räumt auf
Regierungschef kündigt nach Korruptionsvorwürfen "Revolution" im Justizsystem an
Rom - Der italienische Regierungschef Silvio Berlusconi hat
versprochen, dass er bis Mitte 2002 eine tiefgreifende Reform des
Justizsystems durchführen will. Berlusconi - der in den vergangenen
Wochen wiederholt jene Richter heftig kritisiert hatte, die gegen ihn
Anti-Korruptionsprozesse führten - erklärte, dass er dem Justizsystem
"größere Effizienz" verleihen wolle. Die Reform werde unter anderem
eine genaue Trennung in den Karrieren der Richter und der
Staatsanwälte vorsehen "wie es in den meisten demokratischen Ländern
der Welt der Fall ist".
Berlusconi bestritt die Vorwürfe aus den Oppositionsreihen, denen
zufolge er die Richter unter Kontrolle der Exekutive stellen wolle.
Er dementierte auch, dass er eine Amnestie für alle
Korruptionsverdächtige plane. Der Ministerpräsident beteuerte sein
volles Vertrauen in die italienische Richter, "nur ein kleine
manipulierte Minderheit" nutze ihre Macht aus, um politisch gefärbte
Prozesse zu führen.
Der Premier kritisierte die Linke für die wiederholten Attacken
gegen die Regierung. Diese Woche hatte die Opposition den
Unterstaatssekretär des Innenministeriums, Carlo Taormina, zum
Rücktritt gezwungen, nachdem dieser die Verhaftung der Richter
gefordert hatte, die den Korruptionsprozess gegen Berlusconi geführt
hatte. Der Ministerpräsident war im Oktober letztinstanzlich von
jeglichem Vorwurf freigesprochen worden.
Die Beziehungen zwischen den Richtern und Berlusconis
Mitte-Rechts-Koalition waren noch nie so gespannt wie jetzt. Für
helle Empörung unter hochrangigen Mitgliedern des italienischen
Justizsystems sorgen auch die Worte des Justizministers Roberto
Castelli vor dem Senat. "Die Staatsanwälte können ihre Macht
ausnützen, um Politik zu betreiben. Eine kleine Minderheit tut dies
leider auch. Einige Ermittler versuchten in den vergangenen Jahren,
eine politische Strategie durchzusetzen, um das heutige System zu
stürzen", sagte Castelli.
Der Verwaltungsausschuss des Richterverbands ANM trat daraufhin am
Mittwoch aus Protest gegen die wiederholten Attacken der Regierung
Berlusconi gegen die Justiz zurück. "Wir dulden es nicht, mit
unbegründeten und ungerechten Angriffen verurteilt zu werden",
betonte ANM-Präsident Giuseppe Gennaro.(APA)