Nahost
Palästinenser melden Verhaftungswelle
200 mutmaßliche Extremisten festgenommen - Ausschreitungen in Gaza gehen weiter
Gaza/Ramallah/Jerusalem - Palästinenserpräsident Yasser Arafat hat unter dem starken Druck Israels und der internationalen Gemeinschaft mit der Massenverhaftung von Extremisten und mutmaßlichen Terroristen im Gazastreifen und im Westjordanland begonnen. Während US-Vermittler Anthony Zinni am Donnerstag seine Bemühungen um eine dauerhafte Waffenruhe mit Gesprächen bei Arafat wieder aufnahm, schickte Ägyptens Präsident Hosni Mubarak Außenminister Ahmed Maher nach Jerusalem, um zur Entschärfung der explosiven Lage in der Region beizutragen. 200 mutmaßliche Extremisten festgenommen
Palästinensische Geheimdienste und die Polizei in den Autonomiegebieten verhafteten nach unabhängigen Angaben seit Mittwoch etwa 200 mutmaßliche Extremisten. Unbestätigten Berichten zufolge nahm die Polizei in Gaza den Sprecher der radikalen Hamas-Organisation, Abdel Aziz Rantisi und einen weiteren Führer der radikalen Organisation fest. Stunden zuvor war es in der Stadt Gaza zu gewalttätigen Zusammenstößen zwischen der Polizei und tausenden Hamas-Anhängern gekommen, die gegen den von Arafat angeordneten Hausarrest für den gelähmten geistlichen Hamas-Führer Scheich Ahmed Yassin protestierten.
Die palästinensischen Sicherheitskräfte setzten überall in den Palästinensergebieten ihre am Dienstag begonnenen Verhaftungen von Extremisten und mutmaßlichen Terroristen fort. Allein in Ramallah seien seien innerhalb von 24 Stunden etwa 70 Aktivisten der Hamas und der extremistischen Gruppe Islamischer Dschihad (Heiliger Krieg) verhaftet worden, berichteten unabhängige Beobachter in der Stadt. In Gaza wurden 25 Hamas-Aktivisten festgenommen.
Gaza: Hamas setzt wieder auf Straßenschlachten
Israel hatte am Mittwoch weitere Angriffe der Armee zunächst für zwölf Stunden ausgesetzt, um Arafat mehr Zeit für die Festnahmen zu geben. Die Palästinenser lehnten jedoch die Forderung Israels nach der Verhaftung von 36 von Israel gesuchten Extremisten zumindest öffentlich ab.
In der Stadt Gaza hatten in der Nacht zum Donnerstag schwere Ausschreitungen von Hamas-Anhängern begonnen. Als bekannt wurde, dass die Autonomiebehörde Scheich Yassin unter Hausarrest gestellt hatte, forderten Hamas-Aktivisten über die Lautsprecher der Moscheen dazu auf, zum Haus des gelähmten Hamas-Chefs zu kommen, um ihn zu beschützen. Bei den mehrere Stunden dauernden Protesten und Straßenschlachten wurde nach Hamas-Angaben ein Demonstrant getötet. Nach Aussagen seiner Familie wurde Mohammed Selmi von Polizeigeschossen tödlich im Rücken getroffen.
Ägypten - Neuer Kontakt zu Israel
Die Ausschreitungen gingen auch während des Tages weiter. Während der Zusammenstöße riefen gemäßigte Hamas-Anhänger die Demonstranten auf, keine Gewalt gegen die Polizei anzuwenden. Yassin selbst erschien kurz am Eingang seines Hauses, um Gerüchte zu widerlegen, er sei von israelischen Kommandos entführt worden. Yassin darf nun mit Ausnahme von Angehörigen nach Angaben der palästinensischen Polizei keine Besucher mehr empfangen, sein Telefonanschluss wurde gesperrt.
Kurzfristig anberaumt, traf am Donnerstag Ägyptens Außenminister Ahmed Maher zusammen mit dem ägyptischen Geheimdienstchef Omar Suleiman zu Gesprächen in Jerusalem ein. Zuletzt hatte Ägyptens Präsident Mubarak vor 18 Monaten einen hohen Repräsentanten nach Jerusalem entsandt. Ägypten hatte seine diplomatischen Beziehungen zu Israel auf dem Höhepunkt des Palästinenseraufstands im Oktober vergangenen Jahres zusammen mit Jordanien eingefroren. (APA/dpa/AP)