Colombo - Vier Tage nach der Parlamentswahl in Sri Lanka ist der bisherige Oppositionsführer Ranil Wickremesinghe am Sonntag als neuer Ministerpräsident vereidigt worden. Präsidentin Chandrika Kumaratunga, seine langjährige politische Widersacherin, nahm ihm in Colombo den Amtseid ab. Die Zeremonie wurde nicht im staatlichen Fernsehen übertragen, das von Kumaratunga kontrolliert wird. Die Polizei hob das seit der Wahl am Mittwoch geltende Ausgehverbot am Sonntag vorübergehend auf. Bei der Wahl hatte Wickremesinghes Oppositionsbündnis um die Vereinigte Nationalpartei (UNP) einen klaren Sieg errungen und 129 der 225 Parlamentssitze gewonnen. Die Regierungskoalition unter Führung der Volksallianz (PA) von Präsidentin Kumaratunga errang lediglich 96 Mandate. Wickremesinghe hatte im Wahlkampf angekündigt, er werde Friedensgespräche mit den tamilischen Rebellen aufnehmen, die im Norden und Osten des Landes für einen eigenen Staat kämpfen. Die Gefechte kosteten in den vergangenen 18 Jahren 64.000 Menschen das Leben. Kumaratunga will die Rebellen dagegen weiter militärisch bekämpfen. Mit 61 Toten und mehr als 100 Verletzten war der Wahlkampf der blutigste in der 53-jährigen demokratischen Geschichte des Landes. Die staatlichen Medien erklärten in ihren Kommentaren, das beste für das bürgerkriegsgeschüttelte Land sei eine Regierungskoalition mit Vertretern aller Parteien. "Die Situation ist im ganzen Land ruhig und darum haben wird das Ausgehverbot aufgehoben", sagte Polizeisprecher Rienzie Perera. Es sollte jedoch am Sonntagabend wieder in Kraft treten. Zehntausende Bürger der Hauptstadt strömten auf die Straßen, um nach dem tagelangen Ausgehverbot wieder Lebensmittel einzukaufen. Die Feindschaft zwischen Wickremesinghe und Kumaratunga geht auf einen jahrzehntealten Familienstreit zurück. Damals hatte Kumaratungas Mutter als Regierungschefin das Familienunternehmen der Wickremesinghes, das größte Verlagshaus des Landes, verstaatlicht. Wickremesinghe, der eigentlich Journalist werden wollte, wechselte in die Politik. Nach dem Tod des damaligen Präsidenten Ranasinghe Premadasa hatte er zwischen 1993 und 1994 für 15 Monate das Amt des Ministerpräsidenten inne. Seit dem Wahlsieg von Kumaratungas Partei 1994 war die UNP in der Opposition. (APA/AP)