Wien (APA) - Die österreichische Bauwirtschaft steckt mitten in einer Rezession: Nach einem realen Wachstum von 2,8 Prozent im vergangenen Jahr (Produktionswert 2000: 250 Mrd. S oder 18,2 Mrd. Euro) ist im zu Ende gehenden Jahr 2001 mit einer Schrumpfung um 1,9 Prozent und 2002 mit einem Minus von sogar 2,6 Prozent zu rechnen. Um stabile Beschäftigungszahlen halten zu können, bräuchte die Branche pro Jahr jedoch real um 3,5 Prozent mehr Produktion, was freilich weit und breit nicht in Sicht sei, wie am Donnerstag bei einer Pressekonferenz der Bauwirtschaft in Wien erklärt wurde. Erstmals seit den Siebzigern bzw. Mitte der 80 Jahre drohen am Bau im heurigen Winter wieder 100.000 Arbeitslose. Diese neue Rekordarbeitslosigkeit für den konjunkturkrisengeschüttelten Bau prognostizierte Horst Pöchhacker, Porr-Generaldirektor und VIBÖ-Präsident, heute bei der Präsentation der FGW-Bauvorschau 2002. Von November 2000 bis November 2001 stieg die Arbeitslosigkeit in der Baubranche um 30 Prozent. Ende Oktober waren in Österreichs Bauindustrie und -gewerbe 264.918 Personen beschäftigt, 50.000 weniger als vor 10 Jahren. Pöchhacker: Branche nicht überbesetzt Aussagen, die Branche sei überbesetzt, die Kapazitäten zu hoch, wies Pöchhacker heute als falsch zurück. "Die Leute, die wir nicht brauchen, haben wir freigesetzt", meinte er zu den Rationalisierungen der vergangenen Jahre. Die Margen seien weiter deutlich gesunken, die Bauwirtschaft reagiere überdurchschnittlich auf Konjunktureinbrüche, so Wolfgang Amann von der Forschungsgesellschaft für Wohnen, Bauen und Planen (FGW), der heute von "dramatischen" Daten berichtete und vor allem von der öffentlichen Hand Maßnahmen - darunter verbindliche Bedarfserhebungen am Muster des Generalverkehrsplans - forderte, um den drohenden weiteren Absturz abzufedern. Pöchhacker sieht vor allem im Tiefbau (Infrastruktur) "irrsinnigen Nachholbedarf". Andernfalls drohten dem Wirtschaftsstandort irreparable Schäden. Auch mit den jetzt im Konjunkturprogramm der Regierung fixierten Maßnahmen droht der Branche zunächst ein weiterer Einbruch, da diese frühestens 2003 wirksam würden. Selbst wenn das Paket 20 Mrd. S umfasst hätte, wäre daraus für 2002 noch kein Effekt entstanden, räumt der VIBÖ-Chef ein. Ebenso wichtig wie das Geld sei deshalb Deregulierung: Hier hofft die Bauindustrie auf eine Zusage der Regierung, Genehmigungsverfahren (UVP) auf ein Jahr zu beschränken zu wollen. Auch mit den jetzigen, oft Jahrzehnte dauernden, Genehmigungsverfahren liege Österreichs Bauwesen im europäischen Branchenvergleich weit abgeschlagen auf den hinteren Plätzen. Im Straßenbau lebe man jetzt noch von Projekten, die in den 70er Jahren beschlossen worden seien. (APA)